Im neuen Bundestag sitzen mehr Abgeordnete mit Migrationshintergrund als in der zurückliegenden Legislaturperiode. Laut einer am Mittwoch veröffentlichten Datenerhebung des Mediendienstes Integration stieg ihr Anteil von 8,2 auf 11,3 Prozent – mit großen Unterschieden zwischen den Fraktionen. Demnach hat die Linke mit einem Anteil von 28,2 Prozent als einzige Partei einen Anteil von Abgeordneten mit Migrationshintergrund, der über dem Anteil an der Gesamtbevölkerung liegt (26 Prozent).
In der neuen SPD-Fraktion stieg der Anteil den Angaben zufolge im Vergleich zur zurückliegenden Legislaturperiode deutlich: von 9,8 Prozent auf nunmehr 17 Prozent. Bei den Grünen sank er demnach leicht, von 14,9 Prozent auf 13,6 Prozent. Laut dem Mediendienst haben 7,2 Prozent der AfD-Abgeordneten einen Migrationshintergrund. Das heißt, entweder sie selbst oder mindestens ein Elternteil wurde nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren.
In der FDP-Fraktion liegt der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund demnach bei 5,4 Prozent. Bei der CDU/CSU stieg er zwar leicht an, sie bleibt aber den Berechnungen zufolge mit 4,6 Prozent die Fraktion mit dem geringsten Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund. Der Mediendienst hatte sich bei seine Datenerhebung auf nicht immer vollständige Auskünfte der Parteien und Fraktionen sowie auf eigene Recherchen gestützt.
Der Grünen-Politiker Cem Özdemir sieht die größten Hürden bei den Sondierungen von Grünen und FDP in der Steuerpolitik. „Natürlich gibt es Trennendes – in der Steuerpolitik beispielsweise“, sagte Özdemir am Mittwoch im ARD-„Morgenmagazin“. Für die Grünen sei aber „klar“, dass sich die Infrastruktur irgendwie finanzieren müsse.
„Man kann nicht sagen: Wir wollen Infrastruktur, keine Steuern erhöhen, bei der Schuldenbremse nichts machen“, sagte der Grünen-Politiker. Özdemir zeigte sich „überzeugt“, dass sich in den Gesprächen zwischen den beiden Parteien Lösungen dafür finden werden. Sie hätten einen „gemeinsamen Auftrag“. Die Parteispitzen von Grünen und FDP hatten am Dienstag mit den Gesprächen über eine gemeinsame Regierungsbildung begonnen. Was diese Gespräche mit einem vielsagenden Selfie zu tun haben, lesen Sie in dieser Analyse unseres Berlin-Korrespondenten Johannes Leithäuser.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sieht seine Partei in einer sehr ernsten Lage. „Die Situation ist aus meiner Sicht dramatisch. Eine CDU, die weniger als 25 Prozent holt, hat selbstverständlich Reformbedarf“, sagte er im Interview der Zeitung Kieler Nachrichten. Wenn die Union dauerhaft Volkspartei bleiben wolle, dann heiße das definitiv Erneuerung, also „wichtige Themen zu besetzen und als Union wieder erkennbarer zu werden. Es muss jedem klar sein, dass dieser Prozess jetzt eine extrem wichtige Bedeutung hat.“
Eine Personaldebatte fordere er nicht, „aber natürlich müssen wir das schlechte Wahlergebnis aufarbeiten“, sagte Günther der Zeitung. „Die Leute sind nicht scharenweise zu uns gekommen und haben gesagt, wegen Armin Laschet wähle ich CDU. Das muss man sicherlich bei der Aufarbeitung des Wahlergebnisses besprechen.“
„Das muss die Rückkehr zum Pariser Klimaschutz-Abkommen sein, das muss die Verringerung von sozialer Ungleichheit, die Stärkung von sozialer Gerechtigkeit sein und das muss eine Politik auf der Höhe unserer vielfältigen Einwanderungsgesellschaft sein.“
„Das ist doch gar nicht die Frage, die jetzt ansteht.“
Die weit überwiegende Zahl der Bürger hält den neuen Bundestag für zu groß. In einer vom Bund der Steuerzahler in Auftrag gegebenen Umfrage gaben 94,1 Prozent der Befragten an, die jetzt 735 Abgeordneten seien „eindeutig zu viel“ oder „eher zu viel“. 2,1 Prozent der Befragten nannten die Zahl der Mandate genau richtig, 1,3 Prozent fanden sie „eher zu wenig“ oder „eindeutig zu wenig“. Der Bundestag war bei der Wahl am Sonntag nochmals um 26 Abgeordnete angewachsen. Er erreichte so eine neue Rekordgröße.
In der Civey-Umfrage hielten 35 Prozent die Normgröße des Bundestags von 598 Mandaten für angemessen, 56,7 nannten die vom Bund der Steuerzahler geforderte Maximalgröße von 500 Abgeordneten richtig. 90,4 Prozent der Befragten plädierten für eine gesetzliche Obergrenze für die Zahl der Abgeordneten. Das Meinungsforschungsinstitut Civey befragte am 27. und 28. September 2501 Menschen.
„Wir werden nicht aufhören, das Handeln der Regierung am Pariser Klimaabkommen zu messen, egal ob Jamaika, GroKo oder Ampel-Koalition.“
„Natürlich gibt es programmatisch eine größere Nähe der FDP zur Union, aber wir gehen offen in die Gespräche mit allen anderen Parteien.“
„Wir sollten nicht ellenlang sondieren. Wir haben das Ziel, dass Bundeskanzler Olaf Scholz die kommende Neujahrsansprache im Fernsehen hält.“
„Wir können auf keinen Fall die Partei, die explizit abgewählt wurde, zurück ins Kanzleramt hieven.“
„Wir wurden für konsequenten Klimaschutz und die gerechte Verteilung von Reichtum gewählt, für eine Verbesserung der Lebensrealität für eine Mehrheit der Bevölkerung und nicht für wenige Reiche. Das müssen wir durchsetzen, sonst können wir nicht dabei sein.“
Ralph Brinkhaus (CDU) sagte nach seiner Wahl am Abend in Berlin auch: „Wir sind voll arbeitsfähig.“ Der bleibende Fraktionschef bestätigte, dass er zunächst bis 30. April gewählt worden sei. „Und dann sehen wir auch entsprechend weiter.“ Er habe viel Freude daran. „Und ich werde da auch mich bemühen, das nach dem 30.4. weiterzumachen.“
Brinkhaus bekam nach Informationen der Deutsche Presse-Agentur (dpa) 164 von 195 abgegebenen Stimmen, es gab zwei Enthaltungen. Angesprochen auf eine mögliche Regierungsbeteiligung sagte er noch, dass die Union gerne „Verantwortung übernehmen“ will. Alles andere werde sich zeigen. Es gebe hierbei keinen Widerspruch zu Söder, der im früheren Verlauf des Tages gesagt hatte, dass die Union sich hintanstellen müsse. Außerdem gratulierte er als erster und bisher einziger aus dem Unionslager dem SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz öffentlich zur Wahl.
Gleich im Anschluss an die geheime Abstimmung der Unionsfraktion trat der wiedergewählte Ralph Brinkhaus vor die Hauptstadtpresse und versuchte gemeinsam mit CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt positiv nach vorne zu blicken. Ob sich beide weiterhin eine Jamaika-Koalition vorstellen können, wie sie Kanzlerkandidat Armin Laschet offensiv bewirbt? Brinkhaus sagte dazu nur, dass die Union nicht jeden Kompromiss mitmachen werde.
Grundsätzlich klang es aber so, als könnten sich beide die Option vorstellen. So sagten sie unter anderem, „dass wir aktiv unsere Gesprächsbereitschaft anmelden“. Man werde diese nicht etwa nur über die Medien, sondern „aktiv gegenüber möglichen Sondierungspartnern zu erkennen geben“, erklärte Dobrindt, der zugleich vor Folgefehlern nach der historischen Wahlniederlage warnte: „Einer dieser Folgefehler wäre, Personalentscheidungen, die notwendig sind, zu vermeiden oder zu verschieben.“