Die Unwettergefahr in Deutschland nimmt nach einer Prognose des Deutschen Wetterdiensts (DWD) dank Hoch „Dana“ am Wochenende allmählich ab. Das Sturmtief „Bernd“ werde allerdings noch am Freitag und teils auch am Samstag Teile des Landes mit Schauern, Gewittern und örtlichen Unwettern im Griff haben, erklärte der DWD am Donnerstag in Offenbach.
Demnach soll in den von Hochwasser betroffenen Regionen „allmählich Entspannung“ einziehen. Nur im Südwesten könne es tagsüber erneut Starkregen mit Niederschlagsmengen um 20 Liter pro Quadratmeter und örtlich auch etwas darüber gaben. Am Wochenende mache sich aber Hoch „Dana“ mit Schwerpunkt über den britischen Inseln langsam bemerkbar und bringe von Nordwesten her „zögerlich Wetterbesserung“ ins Landesinnere. Mit einer nördlichen Strömung gelange dann „zunehmend stabilere und trockenere Luft“ nach Deutschland.
Mit der Verdrängung des Sturmtiefs ziehen die Regenfälle laut DWD-Prognose weiter in die Südosthälfte Deutschlands. An den Alpen sei dafür bis Sonntagabend eine „Dauerregenlage“ möglich. Ab Anfang kommender Woche mache sich das Hochdruckgebiet „Dana“ auch im Süden bemerkbar - laut DWD wird es deutschlandweit sonnig und sommerlich warm bei 25 bis 28 Grad.
Nach schweren Überschwemmungen haben sich in Prüm (Westeifel) am Freitag zahlreiche Menschen am Beseitigen der Hochwasserspuren beteiligt. „Das Wasser ist soweit abgeflossen. Derzeit läuft eine große Aufräumaktion mit bestimmt mehreren Hundert Helfern“, sagte Bürgermeister Aloysius Söhngen von der Verbandsgemeinde Prüm. „Die Leute packen an, helfen sich.“ Die Schäden schätzte er „vorsichtig auf eine siebenstellige Summe“.
„Es gibt größere Betroffenheiten am Campingplatz sowie an Wohnhäusern und kleineren Gewerbebetrieben“, sagte er. Einige habe es heftig getroffen. „Vom Campingplatz mussten Leute durchaus unter lebensgefährlichen Bedingungen gerettet werden, aus dem Bereich der Wohnwagen.“ Die Lage sei aber insgesamt nicht vergleichbar mit der schlimmen Situation an der Ahr. Die meisten schwerer Betroffenen seien bei Verwandten untergekommen und Urlauber vom Campingplatz in der Jugendherberge. „Das Schlimmste haben wir seit gestern Morgen hinter uns“, meinte der Bürgermeister.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat ein mehrstufiges Hilfsprogramm für die Opfer der Unwetterkatastrophe in Nordrhein-Westfalen angekündigt. „Wir werden große finanzielle Kraftanstrengungen brauchen“, sagte Laschet am Freitag nach einer Sondersitzung des Landeskabinetts. Die bisher für Soforthilfen bei Starkregenereignissen zu Verfügung stehenden Mittel würden „bei weitem nicht ausreichen“.
Das Land werde den Menschen, die nach der Regenkatastrophe „ohne alles auf der Straße stehen“, schnell helfen, sagte Laschet. Daneben seien Hilfen für Härtefälle bei Privatleuten und Unternehmen nötig. Für die Kommunen seien Strukturhilfen für beschädigte Straßen und Anlagen nötig. Gespräche über eine Beteiligung des Bundes liefen bereits. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe ihn angerufen und Hilfe zugesagt, Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ebenso. Das sei ein wichtiges Signal, sagte Laschet.
„Unsere Mitarbeitenden berichten von dramatischen Situationen und verzweifelten Menschen vor Ort. Wir müssen jetzt unkompliziert und pragmatisch jenen helfen, die alles verloren haben“,
Angesichts der Flutkatastrophe in Deutschland und angrenzenden Nachbarländern hat die EU ihren Katastrophenschutz-Mechanismus aktiviert. „Die EU steht bereit, um zu helfen, zum Beispiel mit unserem Katastrophenschutzverfahren“, schrieb Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Twitter. Der Mechanismus kommt weltweit zum Einsatz - und kann auch von Deutschland beantragt werden.
Der europäische Katastrophenschutz bündelt die Kapazitäten der 27 EU-Länder sowie sechs weiterer Staaten (Island, Montenegro, Nordmazedonien, Norwegen, Serbien, Türkei). Jedes Land der Welt, aber auch die Vereinten Nationen und andere Organisationen können in Notfällen um Unterstützung bitten.
"Statt Handyvideos aufzunehmen, sollten Gaffer sich lieber informieren, wo sie helfen können",
Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach will den vielen von der Hochwasser-Katastrophe in NRW betroffenen Menschen helfen. „Viele der betroffenen Gebiete liegen in unserer Nachbarschaft und sind Heimat zahlreicher Borussia-Fans. Schockiert sehen wir die Bilder und damit das Leid aller Betroffenen. Borussia wird den Opfern ihre Solidarität ausdrücken und ihren Teil dazu beitragen, ihnen zu helfen“, sagt Borussias Geschäftsführer Stephan Schippers.
„Wir werden ein Benefizspiel in einer der betroffenen Regionen zu Gunsten der Opfer der Hochwasser-Katastrophe austragen“, versprach Schippers. Die Fohlen seien mit ihren Herzen und Gedanken bei den Opfern der Hochwasser-Katastrophe, ihren Angehörigen und Freunden und bei allen Menschen, die in diesen Stunden um ihre Existenz kämpfen und bangen, hieß es in einer Mitteilung des Clubs am Freitag.
Die Staumauern und Dämme der Talsperren in Nordrhein-Westfalen haben der Belastung durch den extremen Regen der vergangen Tage Stand gehalten. „Die Staudämme der Talsperren in Nordrhein-Westfalen sind, mit Ausnahme der Steinbachtalsperre, stabil und unbeschädigt“, sagte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Freitag nach einer Kabinettssitzung in Düsseldorf. An der Steinbachtalsperre im Kreis Euskirchen droht ein Durchbrechen des Staudamms. Mehrere Ortschaften im Bereich des Sees sind deshalb evakuiert worden.
Auch die Situation an der Rurtalsperre in der Eifel entspanne sich leicht, sagte Laschet. In der Nacht zu Freitag war die Rurtalsperre übergelaufen. Der Anstieg des Hochwassers der Rur fiel weniger extrem aus, als zunächst befürchtet. Im Jülich konnten deshalb Menschen in ihre Wohnungen zurück.
Das Hochwasser sei vor allem ein Problem der kleinen Flüsse, sagte Laschet. „Der Rhein ist Hochwasser gewöhnt.“ In den Städten am Rhein gebe es Schutzvorkehrungen für steigende Wasserstände. Die großen Schäden seien an den Nebenflüssen entstanden, die große Wassermassen aufnehmen mussten.
Nach der Unwetterkatastrophe mit mehr als hundert Toten alleine in Deutschland hat Frankreich seine Solidarität erklärt. Präsident Emmanuel Macron schrieb am Freitag auf Twitter: „Meine Gedanken gelten den Opfern der Unwetter, die Deutschland, Belgien, Luxemburg und die Niederlande hart getroffen haben.“ Frankreich stehe „solidarisch“ an der Seite all dieser Länder.
Belgien werde bereits von Frankreich konkret unterstützt, schrieb Macron weiter. Das Hilfsangebot gelte „überall, wo es nützt“. Auch in Frankreich hatte es in den vergangenen Tagen für die Saison ungewöhnlich stark geregnet. Besonders betroffen war das deutsche Grenzgebiet mit Elsass-Lothringen und dem Moselraum. In einigen Orten war der Zugverkehr gestört, in rund tausend Haushalten in Lothringen fiel vorübergehend der Strom aus.
Das Bistum und der Diözesan-Caritasverband Trier stellen 50.000 Euro Soforthilfen für Betroffene des Hochwassers bereit. Das Bistum Mainz beteiligt sich mit weiteren 35.000 Euro, wie die katholische Kirche am Freitag in Trier mitteilte. Betroffene sollen sich für Unterstützung an die örtlichen Caritasverbände wenden. Bistum und Caritas bitten um Spenden für die Opfer der Flutkatastrophe.
Das Bistum Trier hat einen Krisenstab zur Koordination der Hilfen eingerichtet. Bischof Stephan Ackermann wollte am Freitag Flutopfer und Einsatzkräfte im Katastrophengebiet an der Ahr treffen. Kirchengemeinden prüfen, ob sie kirchliche Gebäude als Notunterkünfte bereitstellen können. Aktuelle Informationen auch zu Spendenmöglichkeiten gibt es auf einer eigenen Internetseite (https://www.dasein.bistum-trier.de/handeln/hochwasser/).
Der Leiter des kirchlichen Krisenstabs, Weihbischof Jörg Michael Peters, sagte: „Die Situation in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten ist nach wie vor dramatisch und teils unübersichtlich.“ Das Bistum stehe mit Seelsorgerinnen und Seelsorgern vor Ort in Kontakt. Teilweise funktionierten aber die Telefonnetze nicht. Notfallseelsorger seien rund um die Uhr im Einsatz. Am Wochenende will der Krisenstab mit Vertretern aus den betroffenen Dekanaten über weitere Hilfen sprechen. „Viele Menschen stehen vor den Trümmern ihrer Existenz, haben Verwandte und Freunde zu betrauern. Wir wollen da sein für sie“, sagte Peters.
Der Vorsitzende des Trierer Caritasverbands, Weihbischof Franz Josef Gebert, sagte: „Wir sind fassungslos über den Verlust so vieler Menschenleben und das Ausmaß der Zerstörung in den betroffenen Orten. Wir schließen die Menschen in unser Gebet ein und hoffen mit ihnen auf eine Bewältigung dieser Katastrophe.“
Zum Schutz vor der Hochwasserwelle haben im Süden der Niederlande am Freitag zahlreiche Menschen ihre Häuser und Wohnungen in Orten entlang der Maas verlassen müssen. Nachdem die Fluten ein Loch in den Deich eines Kanals bei Maastricht gerissen hatten, heulten die Sirenen, wie die Behörden mitteilten. In Venlo an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen wurde ein Krankenhaus mit 200 Patienten vorsorglich evakuiert. Soldaten und Einsatzkräfte verstärkten Deiche an der Maas und kleineren Flüssen in der Region mit Sandsäcken. Die zahlreichen Schaulustigen wurden aufgerufen, zu Hause zu bleiben und die Einsatzkräfte nicht zu behindern.
Tausende Einwohner von Maastricht und angrenzenden Orten, die sich am Vorabend bereits in Sicherheit gebracht hatten, konnten am Freitag wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. Zwar kam es oft nicht zu den befürchteten verheerenden Überflutungen, die Wassermassen richteten aber Schäden an. Berichte über Verletzte gab es nicht. Zuvor gesperrte Autobahnen wurden meist wieder freigegeben. In der Nacht zum Freitag hatte die Maas unweit der belgischen Grenze ihren höchsten Wasserstand seit Beginn der Aufzeichnungen 1911 erreicht. Am Vormittag sank der Pegelstand dort wieder. In Roermond weiter nördlich wurde der Höchststand am Freitagnachmittag und in Venlo in der Nacht zum Samstag erwartet.
Die Lage an der Steinbachtalsperre ist nach Auskunft des Kreises Euskirchen stabil, „aber nicht unkritisch“. Bei der Überprüfung des Dammes mit einer Drohne seien keine kritischen Risse gefunden worden, so eine Kreissprecherin. Nach wie vor sei das Grundabflussrohr der Talsperre verstopft. Um Druck aus der Anlage zu nehmen, werde weiterhin das Wasser mit Hochleistungspumpen aus der Talsperre geholt.
Mehrere Orte unterhalb der Steinbachtalsperre waren in den vergangenen Tagen wegen der Gefahr eines Durchbrechens der Staumauer evakuiert worden. Der Kreis Euskirchen appelliert an die Bewohner, noch nicht in die Häuser zurückzukehren. Die Gefahr sei noch nicht gebannt.
„Wir fühlen mit den Betroffenen, die mit Angst, mit Verlust und mit der Wiederherstellung ihres Alltags zu kämpfen haben und haben uns deshalb schnell zu dieser Hilfsaktion entschieden“,
Nach einem Aufruf der Stadt Bonn, Menschen aus Hochwassergebieten eine Unterkunft anzubieten, sind bei der Verwaltung Hilfsangebote für mehr als 1000 Betroffene eingegangen, wie die dpa berichtet. Viele Privatpersonen wollten bis zu drei Menschen aufnehmen, und Hotels stellten bis zu 50 Doppelzimmer zur Verfügung, teilte die Stadt am Freitag mit. „Wir sind überwältigt von der Vielfalt und der Fülle der Angebote. Weitere brauchen wir im Moment nicht mehr“, erklärte Oberbürgermeisterin Katja Dörner.
Ab jetzt sollten die Telefonleitungen für Hilfesuchende frei gehalten werden. Zudem suche ein Mitarbeiter der Stadt vier große Sammelunterkünfte auf, um die Menschen dort über das Angebot zu informieren. Angesprochen seien Hochwasser-Geschädigte aus Bonns stark betroffenen Nachbarkreisen Ahrweiler, Euskirchen und Rhein-Sieg.
Auch die Stadt Königswinter rief ihre Bürger am Freitag auf, Hochwasser-Opfern für eine Übergangszeit kostenlos Wohnraum zur Verfügung zu stellen. „Das kann ein Zimmer in einer WG, ein ungenutztes Gästezimmer, eine Etagen- oder Kellerwohnung, oder ein derzeit leerstehendes Ferienhaus sein“, hieß es in einer Mitteilung.
In Köln stellte die Stadt am Freitag kurzfristig Unterkünfte für 80 Menschen aus Erftstadt bereit, nachdem Erftstadts Bürgermeisterin um Hilfe gebeten hatte. Mit einem Reisebus wurden die Hilfesuchenden etwa in eine Notunterkunft für Katastrophenfälle in die Domstadt gebracht, teilte die Stadt Köln am Freitag mit. Insgesamt stünden an drei Standorten bis zu 250 Plätze zur Verfügung.
Im Deutschland waren nach dem verheerenden Unwettern auch am Freitagnachmittag noch rund 102.000 Menschen ohne Strom. Das berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Das Unwetter und die daraus entstandenen Überflutungen sorgten weiterhin für Ausfälle in der Stromversorgung in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, teilte der zum Eon-Konzern gehörende Energieversorger Westenergie in Essen mit.
Westenergie betonte, es werde mit Hochdruck daran gearbeitet, die Stromversorgung wiederherzustellen. Etwa zehn Umspannanlagen des Verteilnetzbetreibers Westnetz seien derzeit aber noch von den Überschwemmungen direkt betroffen. Einzelne Anlagen seien nach wie vor schwer erreichbar, in anderen stehe immer noch das Wasser.
Bevor sie wieder in Betrieb genommen werden könnten, müssten sie geprüft und gereinigt werden. Bei größeren Schäden an den Umspannanlagen werde daran gearbeitet, die Stromversorgung über Umschaltungen aus anderen Anlagen oder durch Notstromaggregate wieder herzustellen.
In der Spitze lag die Zahl der nicht mit Strom versorgten Menschen laut Westenergie sogar bei 200.000. Doch sei es durch die Wiedereinschaltung von Anlagen, Umleitungen und Notstromaggregate mittlerweile gelungen, in zahlreichen Fällen die Stromversorgung wieder herzustellen.
Auch Fußball-Rekordmeister Bayern München und der 1. FC Köln greifen den Opfern der Hochwasser-Katastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz unter die Arme. Gemeinsam mit dem Bayern-Sponsor Deutsche Telekom spenden die Vereine 100.000 Euro, die der Organisation Lichtblicke e.V. zukommen.
Die Summe wird unter den Partnern gedrittelt, eine Scheckübergabe findet vor dem Testspiel der beiden Klubs am Samstag (16.00 Uhr/MagentaTV) in Villingen statt. „Die Schäden dieser Katastrophe sind verheerend“, sagte Bayerns Vorstandsvorsitzender Oliver Kahn, man wolle Menschen helfen, „die unverschuldet in Not geraten sind. Diese Spende soll nur ein erster Schritt sein, wir planen weitere Unterstützungen.“
Die Lage an der Steinbachtalsperre entspannt sich nach Auskunft des Kreises Euskirchen (Nordrhein-Westfalen) weiter, berichtet die dpa. Nach Informationen der Bezirksregierung Köln ist der bislang nach der Hochwasserkatastrophe verstopfte Grundablass der Talsperre jetzt freigelegt, wie es in einer Mitteilung von Freitagabend hieß. Über diese Öffnung kann jetzt Wasser kontrolliert abgelassen werden, um den Druck auf dem Bauwerk zu senken.
Es werde aktuell davon ausgegangen, dass im Laufe des Sonntags eine Rückkehr in die evakuierten Ortschaften möglich ist, heißt es in einer Mitteilung vom Freitagabend. Voraussetzung sei eine gleichbleibende Wetterlage. Die Orte Swisttal und Rheinbach unterhalb der Talsperre an der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz waren evakuiert worden. Der Kreis warnte die Bewohner davor, in die Häuser zurückzukehren. „Wenn Sie Ihr Zuhause noch nicht verlassen haben, tun Sie dies unbedingt“, hieß es in der Mitteilung.
Das Technische Hilfswerk (THW) pumpte zusätzlich Wasser ab. Am Nachmittag hatte der Kreis gemeldet, dass eine Drohne keine kritischen Risse an dem Bauwerk entdeckt hatte. Der Kreis schätzte die Lage aber weiterhin kritisch ein.