Kipppunkt – der F.A.Z. Klimablog

Kipppunkt – der F.A.Z. Klimablog Live

  • 8/18/2021 11:59:34 AM   FAZ Admin
    Liebe Leserinnen und Leser,
        
    willkommen bei unserem Blog „Kipppunkt“. Hier werden Sie alle wichtigen Informationen und Fakten rund um das Thema Klima finden. Wir informieren über neueste Entwicklungen und Studien, erklären wissenschaftliche Fakten und Klimaphänomene.
          
    Anregungen und Fragen können Sie uns schreiben: klimablog@faz.de

Optionen

Kommentare
Klänge
Blog übersetzen
  • 6/20/2022 6:51:37 PM   Lilly Bittner
    Wie hoch müsste der CO2-Preis sein? Bereits 57 Länder wollen CO2 bepreisen oder tun dies bereits. Der Preis variiert dabei zwischen unter einem und 118 Euro. Das zeigt ein Bericht der Weltbank aus dem Jahr 2019. In Deutschland müssen die Inverkehrbringer von Heiz- und Kraftstoffen derzeit 25 Euro für eine Tonne CO2-Emissionen zahlen. Von 2026 an soll der Preis auf 55 bis 65 Euro steigen. Immer wieder fordern Bewegungen wie Fridays For Future, den CO2-Preis anzuheben. Wie hoch müsste er sein, damit er die Emissionen wirklich senkt?
       
    Der Preis für CO2-Emissionen müsste so hoch sein, dass es sich mehr lohnt, zu Alternativen zu greifen. Welcher Bepreisung es bedarf, variiert je nach Sektor. Erneuerbare Energien sind beispielsweise bereits jetzt eine wettbewerbsfähige Stromquelle. Im Flugverkehr ist es jedoch schwieriger und teurer, zu klimafreundlicheren Alternativen zu greifen. Deshalb ist es schwierig, einen einheitlichen CO2-Preis zu berechnen. Der IPCC-Bericht aus dem Jahr 2019 wertete die derzeitige Studienlage aus. Demnach müsste eine Tonne ausgestoßene CO2-Emissionen 120 bis 5400 Euro kosten. Dann würde der CO2-Preis allein ausreichen, um das 1,5 Grad-Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 bis 66 Prozent zu erreichen. Die Preisspanne ist groß, weil verschiedene Methoden, Benzinpreise und technische Standards genutzt wurden. Wenn man weitere Klimaschutzmaßnahmen einberechnet, würde der notwendige CO2-Preis deutlich sinken. Wie hoch der CO2-Preis im Rahmen eines Maßnahmenpakets sein müsste, schreibt die Weltbank in ihrem Bericht. Demnach müssten Kraftwerksbetreiber bis 2030 34 bis 90 Euro und der Chemiesektor 27 bis 45 Euro pro Tonne CO2 zahlen. Das ähnelt den Daten der Carbon Pricing Leadership Coalition aus dem Jahr 2017. Sie berechnet einen Preis von 45 bis 90 Euro pro Tonne CO2, um das 2 Grad-Ziel einzuhalten. 
       
    Embedded PolopolyImage
    Der CO2-Preis in Schweden. Quelle: FAZ nach Anderson, 2019
     
    Am höchsten ist der CO2-Preis in Schweden mit derzeit 118 Euro. Dieser wurde bereits 1991 eingeführt, beginnend mit 27 Euro pro Tonne CO2. Deshalb lohnt es sich, auf Schweden zu schauen, um herauszufinden, ob ein CO2-Preis wirkt. Eine Studie, die 2019 im Fachmagazin American Economic Journal: Economic Policy erschien, untersucht den CO2-Ausstoß Schwedens von 1990 bis 2005. Seitdem Schweden den CO2-Preis einführte, stieß das Transportwesen 10,9 Prozent weniger CO2 aus. 2005 waren es sogar 12,5 Prozent weniger. Untersucht wurde lediglich das Transportwesen und nicht die Wärmeerzeugung, weil bereits 1991 fossile Brennstoffe nur 37 Prozent der schwedischen Wärme erzeugten. Man ist sich mittlerweile also weitestgehend einig, dass der CO2-Preis ein notwendiges Mittel im Klimaschutz ist. Alleine reicht dieser allerdings nicht aus, weil er ansonsten utopisch hoch sein müsste.
  • 6/15/2022 10:41:16 AM   Lilly Bittner
    Grüne Alpen werden Realität: Was sich zunächst positiv anhört, bringt das ökologische Gleichgewicht ganz schön ins Schwanken: Die europäischen Alpen werden immer grüner. Das zeigt eine neue Studie, die Anfang Juni im Fachmagazin Science erschienen ist. Schweizer Forscher untersuchten mithilfe von Satellitenbildern, inwiefern die alpine Eisdecke zwischen 1984 und 2021 zurückging. Das Ergebnis: 77 Prozent des Alpenraumes oberhalb der Baumgrenze wurden grüner. Das liegt daran, dass sich dort immer mehr Pflanzen ansiedeln, weil es wärmer und regenreicher wird. 
      
    Wo sich Vegetation ausbreitet. Quelle: Rumpf et al.
       
    Die Pflanzen – und auch Tiere –, die sich neu ansiedeln, stammen allerdings häufig aus unteren Klimazonen. Sie verdrängen alpine Arten. Diese sind kaum konkurrenzfähig und können oftmals nicht noch höher wandern. Hinzu kommt, dass die Pflanzen dichter und größer werden. Auf ihnen bleibt mehr Schnee hängen, weshalb die Schneedecke am Boden zusätzlich flacher wird. Das macht den alpinen Arten das Leben noch schwerer. Denn dicke Schneedecken bieten ihnen während niedrigen Temperaturen eine Wärmeisolation, die nun ausbleibt. Eine weitere Folge ist, dass weniger Wasser taut, was wiederum Dürreperioden anheizt. Zudem reflektieren grüne Flächen weniger Sonnenlicht als weiße und nehmen die Wärme somit auf anstatt sie wieder ins All zu katapultieren. 
          
    Wie viel flacher die Eisdecke geworden ist, können die Satellitenbilder nicht zeigen. Aus dem All sieht man lediglich, dass auf vier bis neun Prozent der Fläche gar kein Schnee mehr vorhanden ist. Forscher schätzen jedoch, dass die Schneemasse in den nächsten zehn bis dreißig Jahren um ein Viertel abnehmen wird. Eine weitere Limitation der vorliegenden Studie ist, dass ausschließlich Gebiete über 1700 Metern analysiert wurden. In tiefen liegenden Regionen sind die Temperaturen jedoch höher und nicht so weit unter dem Nullpunkt. Hier lässt eine Erwärmung von einem Grad Celsius den Schnee also noch schneller schmelzen. 
  • 6/9/2022 5:31:22 AM   Lilly Bittner
  • 6/9/2022 5:31:09 AM   Lilly Bittner
    Können wir das 1,5 Grad-Ziel noch erreichen? 2021 war es auf der Erde etwa 1,21 Grad Celsius wärmer als im Vergleich zur vorindustriellen Zeit von 1850 bis 1900. Die Jahre seit 2015 gehören zu den sieben wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Am heißesten war es 2016. In diesem Jahr lag die Temperatur 1,36 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau. Das zeigen Daten der amerikanischen Organisation Berkeley Earth. Ist es noch möglich, dass sich die Erde bis 2100 weniger als 1,5 Grad Celsius erwärmt? Der IPCC-Bericht aus dem August 2021 untersucht, um wie viel Grad sich die Erde erwärmt, je nachdem, wie viele Treibhausgase ausgestoßen werden. Unter allen Szenarien wird die Temperatur weiter steigen.
     
    • Wenn ab 2050 kein CO2 mehr ausgestoßen wird, erwärmt sich die Erde bis 2100 am wahrscheinlichsten um 1,4 bis 1,8 Grad Celsius. 
    • Wenn die Emissionen gleich bleiben, steigt die Temperatur um etwa 2,7 Grad Celsius an. Unter derzeitigen Emissionen wäre die 1,5 Grad-Marke 2030 erreicht.
    • Wenn sich die Emissionen verdoppeln, liegt der Anstieg bei 3,6 bis 4,4 Grad Celsius.  
        
    Um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen, müssen also schnell Maßnahmen ergriffen werden. Der En-Roads Simulator zeigt an, wie wirksam verschiedene Hebel sind. Er rechnet damit, dass sich die Erde ohne weitere Maßnahmen um 3,6 Grad Celsius erwärmt. Das liegt daran, dass die Emissionen ohne Eingriffe weiter steigen würden. Wenn ab 2030 keine Kohle mehr genutzt würde, würde sich die Erde um 3,1 Grad Celsius erwärmen. Ohne jegliche fossilen Energieträger könnte man die Erwärmung auf 2,1 Grad Celsius reduzieren. Es bleibt die Frage, wie das zu erreichen ist. Als wirksamstes Mittel dafür erweist sich ein CO2-Preis: Bei einer Bepreisung von 55 Euro pro Tonne ab 2025 würde sich die Erde um 3,1 Grad Celsius erwärmen. So ist es aktuell in Deutschland geplant. Würden zudem das Transportwesen sowie Geräte und Maschinen in der Industrie gänzlich elektrifiziert, könnte man die Erwärmung auf 2,6 Grad Celsius begrenzen. Die Simulation verschiedener Szenarien zeigt, dass für das 1,5 Grad-Ziel radikale Maßnahmen eingesetzt werden müssten. Um unter 1,5 Grad zu bleiben, müsste man zudem CO2 aus der Atmosphäre speichern können.
  • 6/5/2022 1:28:02 PM   Lilly Bittner
    Sechs Tipps für mehr Insektenschutz: Es beginnt wieder die Zeit, in der die Wespen beim Grillen nicht lange auf sich warten lassen und in der Mücken um die Ohren schwirren und Stiche verteilen. Auch wenn man sich Insekten in solchen Momenten gerne wegwünscht, sind sie überlebenswichtig für Mensch und Natur. 80 Prozent der Wildpflanzen sind abhängig von ihrer Bestäubung. Zudem sind Insekten Nahrung für eine Vielzahl an Tieren, 60 Prozent der heimischen Vögel ernähren sich hauptsächlich von ihnen. Hinzu kommt, dass sie die Umwelt von Kadavern und Laub reinigen. 
       
    Es gibt allerdings immer weniger Insekten, die diese Aufgaben erledigen können. Die vielzitierte Krefeld-Studie aus dem Jahr 2017 zeigt, dass die Anzahl der Fluginsekten von 1989 bis 2016 um mehr als drei Viertel zurückgegangen ist. Die Forscher untersuchten 63 deutsche Schutzgebiete und veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachmagazin PlosOne. Der Insektenschwund ist auch international zu beobachten. Das zeigt die bisher umfassendste internationale Studie, die 2020 im Fachmagazin Science erschienen ist. Sie wertete 166 Langzeitstudien aus, die zwischen 1925 und 2018 an über 1600 Orten durchgeführt wurden. Die meisten Orte befinden sich allerdings in den Vereinigten Staaten und Europa. Demnach sinkt die Zahl der landlebenden Insekten jährlich um fast ein Prozent. Das entspricht einem Rückgang von 24 Prozent in 30 Jahren. Die Untersuchung lässt aber auch Platz für Hoffnung: Die Population von Süßwasserinsekten, wie Libellen und Wasserläufern, steigt jährlich um über ein Prozent an. Die Forscher vermuten, dass das vor allem an Gewässerschutzmaßnahmen liegt. Negative Trends sind mit den richtigen Hebeln also noch umkehrbar. Was kann der Einzelne tun, um Insekten zu schützen?
      
    1. Weniger Rasen mähen: Umweltschützer empfehlen, seinen Rasen nur ein bis zweimal im Jahr zu mähen. So gibt man Wildkräutern und Gänseblümchen die Chance, sich zu vermehren. Diese bieten Insekten wiederum eine Nahrungsquelle. Zudem ist es hilfreich, den Rasen nach dem Winter erst möglichst spät zu schneiden, weil zahlreiche Tierarten in Ritzen, im Laub oder im Boden überwintern. Deshalb ruft die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft 1822 e.V. dieses Jahr erstmals zum mähfreien Mai auf. 
    2. Magerrasen anlegen: Wer etwas mehr Zeit und Platz investieren kann, der kann einen Teil seines Gartens zum Magerrasen umwandeln. Dieser wächst auf besonders nährstoffarmen Boden an möglichst sonnigen Standorten. Er gibt konkurrenzschwachen Pflanzen einen Raum, sich zu entwickeln, weil schnellwachsende Wiese nährstoffreiche Böden bevorzugt. So ist der Magerrasen einer der artenreichsten Wiesentypen. Möchte man einen anlegen, sollte man zuerst den Boden von allen Pflanzen und im besten Falle auch von der Grasnarbe befreien. Dann kann man gegebenenfalls noch Kartoffeln anpflanzen, um dem Boden seine letzten Nährstoffe zu entziehen. Andernfalls beginnt man gleich damit, Sand unterzuarbeiten. Auf dem Erd-Sand-Gemisch kann man eine Rasenmischung mit vielen Wildblumen aussäen. Hierbei sollte man darauf achten, dass das Saatgut regional ist sowie Früh- und Spätblüher kombiniert. 
    3. Die richtigen Blumen: Wer keinen Garten, dafür aber einen Balkon besitzt, der kann Insekten mit Balkonkästen Nahrungsquellen bieten. Dabei ist es allerdings wichtig, auf die richtigen zu achten. Mutanten wie Rosen und Dahlien sind gefüllte Blumen, die Insekten weder Nektar noch Pollen bieten können. Geeigneter sind ungefüllte Wildpflanzen wie Kräuter oder Sonnenblumen. 
    4. Natürliche Pflanzenschutzmittel: Anstatt Pestizide einzusetzen, gibt es zahlreiche natürliche Pflanzenschutzmittel. Hierzu zählt beispielsweise Brennnesseljauche, die Blattläuse und andere Schädlinge abtötet. Auch Marienkäferlarven schützen gegen Blattläuse. Und Raubmilben fressen Trauermücken, Thripse und Spinnmilben. Zudem helfen natürliche Barrieren wie engmaschige Netze oder Hochbeete gegen unerwünschte Gäste.
    5. Rückzugsorte schaffen: Besonders zum Nisten und als Winterquartier benötigen Insekten Rückzugsorte. Dazu dienen ihnen tote Zweige, Haufen aus Laub und Gehölz oder Insektenhotels. Bei Letzteren sollte man darauf achten, dass die Löcher sauber gebohrt sind. Ansonsten können sich Wildbienen und Wespen ihre Flügel verletzen. Eine Bauanleitung gibt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. 
    6. Baumscheiben bepflanzen: Wer keinen Garten oder Balkon hat, kann Pate für eine Baumscheibe werden und diese bepflanzen. Informationen findet man meistens auf den Webseiten der Stadt.
  • 5/30/2022 8:46:45 AM   Lilly Bittner
    Der Unterschied zwischen 1,5 und 2 Grad: Im Pariser Klimaabkommen von 2015 einigten sich 195 Staaten darauf, die Erderwärmung möglichst auf 1,5, in jedem Falle auf zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu beschränken. Dabei wirken sich auch 1,5 und 2 Grad Celsius Erwärmung unterschiedlich stark auf die Erde aus. Wo liegen diese Unterschiede?
        
    Embedded PolopolyImage
    Geblichene und abgestorbene Korallen in Australiens Great Barrier Reef. Quelle: dpa
     
    • Hitzerekorde: Auch bei einer Erwärmung von 1,5 Grad Celsius häufen und intensivieren sich Extremtemperaturen. An extrem heißen Tagen wird es in den mittleren Breiten im Schnitt drei Grad Celsius wärmer sein. Falls sich die Erde um 2 Grad Celsius erwärmt, wird es an heißen Tagen vier Grad wärmer. 
    • Starkregen und Dürren: Besonders tropische Wirbelstürme häufen sich im Falle einer Zwei-Grad-Erwärmung. Auch Dürreperioden werden länger und stärker, falls sich die Erde um zwei, statt um 1,5 Grad erwärmt. 
    • Meeresspiegelanstieg: Bis 2100 wird der Meeresspiegel um 0,26 bis 0,77 Meter ansteigen, wenn man die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt. Bei zwei Grad kommen weitere 0,1 Meter hinzu. 
    • Schmelzendes Eis: Eine Erwärmung von 1,5 statt zwei Grad würde bedeuten, dass 1,5 bis 2,5 Millionen Quadratkilometer weniger Eisfläche schmilzt. Das arktische Eisschild bedeckt eine Fläche von 14 Millionen Quadratkilometer. Zudem würde die Arktis einen eisfreien Sommer pro Jahrhundert statt pro Jahrzehnt erleben. 
    • Artensterben an Land: Tiere und Pflanzen haben immer weniger geeignete Lebensräume. Erwärmt sich die Erde um 1,5 Grad, büßen sechs Prozent der Insekten, acht Prozent der Pflanzen und vier Prozent der Wirbeltiere mehr als die Hälfte ihrer Verbreitungsgebiete ein. Erwärmt sich die Erde um weitere 0,5 Grad, sind dreimal so viele Insekten sowie doppelt so viele Pflanzen und Wirbeltiere betroffen. 
    • Artensterben im Meer: Je wärmer Gewässer werden, desto schlechtere Lebensbedingungen bieten sie der Flora und Fauna – beispielsweise, weil sie versauern. Das bedroht besonders Korallenriffe. Wenn sich die Erde um 1,5 Grad erwärmt, gehen die Riffe um 70 bis 90 Prozent zurück. Eine Erwärmung von zwei Grad würde sie nahezu gänzlich abtöten. 
    • Gefährdung menschlichen Lebens: All das wirkt sich nicht nur auf Tiere und Pflanzen, sondern auch auf Menschen aus. Menschliche Lebensgrundlagen sind gefährdet, weil Wasser und bewohnbarer Lebensraum knapper sowie der Ackerbau erschwert wird. Zudem sind höhere Temperaturen schlecht für die Gesundheit. Wenn man die Erderwärmung statt auf zwei, auf 1,5 Grad reduziert, hätten nur noch halb so viele Menschen zu wenig Wasser. Mehrere Hundert Millionen Menschen weniger würden klimabedingten Risiken ausgesetzt sein. 
        
    Detaillierte Informationen finden Sie im IPCC-Sonderbericht „1,5 Grad Celsius globale Erwärmung“  aus dem Jahr 2020.
  • 5/26/2022 5:52:30 AM   Lilly Bittner
    Geisternetze schwimmen unkontrolliert im Meer: Immer mehr Plastik landet im Meer – wie viel genau lässt sich schwer sagen. Das Alfred-Wegener-Institut schätzt, dass jährlich zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen Plastikmüll ins Meer gelangen. Dabei handelt es sich nicht nur um Strohhalme und Einwegtüten, sondern auch um sogenannte Geisternetze. Das sind Fischernetze, die sich von Schiffen lösen oder absichtlich im Meer entsorgen werden. Sie fallen häufig zu Boden oder verfangen sich in alten Schiffswracks. Geisternetze sind für Meerestiere besonders gefährlich, weil sich diese in ihnen verfangen. Sind einmal Tiere in den Netzen, lockt das Aasfresser an, die sich wiederum verfangen. Hinzu kommt, dass sich auch Geisternetze zu Mikroplastik zersetzen und als schädliches Futter dienen. 
       
    Embedded PolopolyImage
    Taucher suchen nach Geisternetzen in der Nordsee. Quelle: dpa
          
    In Europa ist es zwar verboten, Netze im Meer zu entsorgen. Zudem müssen verlorene Netze der nationalen Behörde gemeldet werden. Das passiert allerdings nicht flächendeckend. So schwimmen in den Weltmeeren rund 640.000 Tonnen alte Netze und anderer Müll von Fangschiffen – 0,4 Prozent des Meeresmülls. Das geht aus einer Anfrage des Bundestags aus dem Jahr 2017 an die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO hervor. Eine Studie berechnet allerdings, dass Geisternetze rund zehn Prozent des Meeresmülls ausmachen. Sie erschien 2015 im Fachmagazin Nature. Die Umweltorganisation WWF spricht sogar von 30 bis 50 Prozent. Man kann also nicht genau sagen, wie viele Geisternetze in den Ozeanen schwimmen. Immer mehr Organisationen versuchen jedoch, die Netze aus den Meeren zu holen. So initiierte Ghost Diving Germany Anfang Mai ein Projekt vor den ostfriesischen Inseln. Profitaucher steuerten alte Schiffswracks an und konnten so über 500 Kilogramm Netze aus den Meeren fischen.
  • 5/20/2022 3:05:25 PM   Oliver Becht
    Welchen Einfluss haben Klimaveränderung auf die Effektivität, mit der einzelne Bäume Kohlenstoff binden können? Um eine weltweite Klimaerwärmung um 1,5 Grad Celsius nicht zu überschreiten, werden nach Berechnungen mit Klimamodellen Wälder als Kohlenstoffspeicher benötigt. Eine in „Ecology Letters“ veröffentlichte Studie behauptet nun, dass verschiedene Folgen der Klimaerwärmung das Waldsterberisiko in den USA deutlich erhöhen werden. Entsprechend sinke auch die Fähigkeit der Bäume, Kohlenstoff zu speichern.
     
    „Amerikanische Wälder könnten am Ende des Jahrhunderts ganz anders aussehen als heute“, sagt William Anderegg, Biologe an der Universität Utah und Erstautor der Studie. „Heiße und trockene Jahre, wie sie durch den Klimawandel verstärkt auftreten werden, führen zu mehr Waldbränden, mehr Insektenplagen und mehr hitzebedingten Waldschäden.“ Das Forscherteam um Anderegg hat mit Hilfe von historischen Klima- und Waldzustandsdaten drei Computermodelle erstellt, die Zusammenhänge zwischen Klimavariablen und Waldsterberisiko ausdrücken. Einmal wird das Risiko durch Waldbrände, einmal das Risiko durch Hitze beziehungsweise Dürre und einmal die Gefahr durch Insektenschäden betrachtet. Mit Hilfe des Modells wurden im Anschluss drei Klimaszenarien bis ins Jahr 2100 durchgespielt.
     
    Das Ergebnis: Je nach Verlauf der Erderwärmung steigt das Waldbrandwahrscheinlichkeit in den USA bis 2100 durchschnittlich um den Faktor fünf bis vierzehn. Das Risiko hitze- oder insektenbedingter Waldschäden könnte sich über den gleichen Zeitraum beinahe verdoppeln. Eine interaktive Grafik, die online frei verfügbar ist, zeigt die lokal unterschiedlichen Auswirkungen verschiedener Szenarien. Gerade Wälder im Westen der USA sehen sich demzufolge im Laufe des Jahrhunderts immer größeren Risiken ausgesetzt.
     
    Deutlich wird, welch große Rolle das Ausmaß der weiteren Erwärmung spielt. Die drei von den Autoren genutzten Szenarien führen nach Schätzungen des Weltklimarats IPCC bis 2100 zu einer Erwärmung um 2,7; 3,6 und 4,4 Grad Celsius. Wird das erste Szenario angenommen, steigt die Waldbrandgefahr um den Faktor 4, beim zweiten Szenario um das neunfache und beim dritten um den Faktor 14. Die Gefahr durch Hitze und Dürre erhöht sich je nach Szenario um den Faktor 1,3 bis 1,8. Durch Insektenplagen verursachte Baumschäden werden je nach Szenario um den Faktor 1,2 bis 1,7 wahrscheinlicher.
     
    „Wie stark die Waldschäden tatsächlich ausfallen werden, hängt entscheidend mit den ergriffenen Klimaschutzmaßnahmen zusammen“, sagt Anderegg. In vielen bisherigen Projektionen sei nicht berücksichtigt worden, dass sich Wälder im Laufe der Zeit klimatisch bedingt verändern könnten, schreiben die Autoren. Sich zu sehr auf die Wirkung natürlicher Kohlenstoffsenken zu verlassen, sei dementsprechend riskant. Dass die Effektivität verschiedener Senken keine statische Größe ist, müsse in Klimamodellen besser berücksichtigt werden.
  • 5/20/2022 2:59:27 PM   Oliver Becht
    Das kanadische Umweltdatenunternehmen GHGSat hat nach eigenen Angaben erstmals Methanemissionen von Kühen aus dem Weltraum nachweisen können. Per Satellit, heißt es in einer Pressemeldung, seien Anfang März in einem landwirtschaftlich stark genutzten Gebiet in Kalifornien ungewöhnlich starke Methanemissionen registriert worden. Schnell konnten Rindermastanlagen als Quelle identifiziert werden.
    Eigentlich überwacht GHGSat mit insgesamt drei Satelliten die Treibhausgasemissionen von Wasserraftwerken, Öl- und Gasanlagen, Mülldeponien und Kohlebergwerken. Die Daten werden unter anderem dem UN-Programm „International Methane Emissions Observatory“ zur Verfügung gestellt. Dass aus dem Weltall auch Mastanlagen als Emissionsquelle identifiziert werden können, zeige die klimapolitische Relevanz der Viehhaltung. Zudem öffnet die Beobachtung neue Möglichkeiten, hochqualitative Emissionsdaten zu erheben. Bislang genutzte Methoden konnten in der Regel nur den kurzzeitigen Treibhausgasausstoß einzelner Tiere aufzeichnen. „Es war schon immer schwierig, Emissionen der Viehwirtschaft zu messen“, sagt GHGSat-Sprecher Jean-Francois Gauthier. „Sie entstehen an vielen einzelnen Punkten und sind sehr weitschweifig.“
      
    Insgesamt waren von GHGSat fünf Emissionsquellen aufzeichnet worden. An allen Standorten befindet sich eine Mastanlage, konnten Analysen im Anschluss zeigen. Der Methanausstoß lag zwischen 361 und 668 Kilogramm pro Stunde. GHGSat rechnet vor, dass die Mastanlagen auf ein Jahr hochgerechnet über 5000 Tonnen Methan emittieren würden.
     
    Methan (CH4) ist ein farb- und geruchloses Treibhausgas, dessen Wirkung die von Kohlenstoffdioxid (CO2) in den zwanzig Jahren nach Freisetzung um das Achtzigfache übertrifft. Seit Mitte des neunzehnten Jahrhunderts hat sich die Methankonzentration in der Atmosphäre beinahe verdreifacht. Laut GHGSat sei die Rinderzucht für fast 4 Prozent der Emissionen verantwortlich. „Insgesamt macht die Landwirtschaft 25 bis 30 Prozent der Emissionen aus“, sagt Gauthier. „Es ist sehr wichtig, hierzu gute Daten erheben zu können.“ Jede der weltweit 1,4 Milliarden Kühe stoße bei der Verdauung bis zu 500 Liter Methan pro Tag aus. Um die Emissionen zu verringern, wird eine Reihe an Ansätzen diskutiert. Ideen reichen von Futtermittelzusätzen verschiedenster Art bis zu speziellen Masken für Kühe, die Methan zum weniger schädlichen Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf umwandeln sollen.
     
    GHGSat regt an, mit satellitengestützter Überwachung die Veränderungen von Emissionen im Laufe der Zeit beobachten zu können. So sei es beispielsweise möglich, die Auswirkungen verschiedener Futtermittel auf die Methanemissionen einzelner Kühe und ganzer Farmen zu testen.
  • 5/17/2022 9:19:17 AM   Lilly Bittner
    Embedded PolopolyImage
    Ein borealer Nadelwald im russischen Schnee. Foto: Frank Röth
        
    Die ungesehenen Effekte von Wäldern: Wälder spielen eine große Rolle beim Klimawandel. Sie entziehen der Atmosphäre jährlich 29 Prozent der Kohlenstoffdioxid-Emissionen und enthalten fast so viel CO2, wie derzeit in der Atmosphäre gespeichert ist. Allerdings wurde die Rolle von Wäldern bislang weitestgehend anhand dessen bewertet, wie viel CO2 sie binden und wie viel sie freisetzen können. Dabei gibt es auch biophysikalische Prozesse in Wäldern, die sich auf das Klima auswirken.
     
    • Dazu gehört beispielsweise der Albedo-Effekt. Während helle Flächen Sonnenstrahlen reflektieren und so die Atmosphäre kühlen, sind Wälder eher dunkel. Sie absorbieren die Strahlung, wodurch sich die Erde aufheizt.
    • Es gibt aber auch biophysikalische Prozesse, die die Atmosphäre kühlen, wie etwa die Evapotranspiration. Wegen der tiefen Wurzeln und großen Blattflächen können Wälder die Feuchtigkeit aus dem Boden in die Atmosphäre transportieren. Dadurch fühlt sich das Klima lokal kühler an und Wolken bilden sich.
    • Hinzu kommt die Rauheit des Kronendaches. Der entstandene Wasserdampf kondensiert erst über den Baumkronen, also weit oben. Dort kommt die Feuchtigkeit mit Sonnenlicht in Kontakt und die Wärme wird spürbar.
         
    Wie diese und weitere biogeochemische Effekte das Klima beeinflussen, untersuchte jüngst eine Studie. Sie erschien am 22. März im Fachmagazin Frontiers in Forests and Global Change. Demnach dominieren in tropischen Wäldern die kühlenden Effekte. So ist die Temperatur in tropischen Wäldern durchschnittlich 0,96 Grad Celsius kühler als in gerodeten Waldflächen in dieser Region. Das wirkt sich nicht nur lokal, sondern auch global aus: Die weltweite Durchschnittstemperatur sinkt durch biophysikalische Prozesse in tropischen Wäldern um rund 0,2 Grad Celsius. Wenn tropische Wälder also abgeholzt werden, erwärmt das die Atmosphäre nicht nur, weil CO2 freigesetzt wird, sondern auch, weil biophysikalische Prozesse nicht mehr stattfinden können. In borealen Wäldern in den höheren Breitengraden dominiert der Albedo-Effekt – unter anderem, weil eine gerodete Fläche hier meist mit Schnee bedeckt wird. In den mittleren Breitengraden gleichen sich kühlende und wärmende Effekte nahezu aus. Unterm Strich kühlen biophysikalische Prozesse das Erdklima trotzdem leicht ab – auch wenn global CO2-Effekte überwiegen. Die stärksten Effekte biophysikalischer Prozesse sind auf lokaler Ebene zu sehen. Hier mildern sie das Klima ab, indem sie extreme Temperaturen abfedern, Dürren vorbeugen und vor Überschwemmungen schützen. Wälder sind also nicht nur ein Mechanismus beim Klimawandel, sondern auch bei der Klimaanpassung.
  • 5/14/2022 9:20:29 AM   Lilly Bittner
    Zecken mittlerweile schon im Frühjahr aktiv: Während der Klimawandel die Lebensbedingungen für viele Arten erschwert, profitieren Zecken von ihm. Sie sind wechselwarme Tiere, die sich bei Temperaturen unter sechs Grad Celsius in den Boden verkriechen und in Kältestarre verfallen. Sie profitieren also von milderen Wintern. So zeigt die Helmholtz Klima Initiative in einem Factsheet vom 31. März, dass in Deutschland bereits nachgewiesen werden konnte, dass Zecken ganzjährig aktiv sind. Am lebhaftesten sind die Tiere laut dem Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen Rheinland-Pfalz zwischen 15 und 25 Grad Celsius. Ab 30 Grad Celsius sinkt die Aktivität. Während sich Zecken bisher von Juni bis September besonders wohl gefühlt haben, verschieben sich ihre Hauptzeiten auf die Frühlings- und Herbstmonate. Es ist nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine räumliche Verschiebung festzustellen. Zecken besiedeln zunehmend den Norden Europas, während in Teilen Südeuopas ein Rückgang zu erkennen ist. Das liegt besonders an Dürreperioden und Hitzewellen. Denn Zecken brauchen eine hohe Luftfeuchtigkeit. Zudem verbreiten sie sich immer weiter in die Höhe, wie beispielweise im 1100 Meter hohen tschechischen Riesengebirge. Dadurch können sich auch Infektionsrisiken verschieben.
       
    Embedded PolopolyImage
    Eine Zecke krabbelt über den Arm eines Mannes. Quelle: dpa
      
    • Am häufigsten übertragen Zecken die bakterielle Erkrankung Borreliose. Wirtstiere wie Mäuse übertragen die Bakterien an Zecken, die diese wiederum an Menschen weitergeben können. Auch bestimmte Mäusepopulationen wachsen aufgrund veränderter klimatischer Bedingungen immer mehr. Füchse und Paarhufer können als Wirtstiere Borreliose indes nicht übertragen, weshalb eine erhöhte Biodiversität das Infektionsgeschehen eindämmen kann.
    • Eine weitere übertragbare Krankheit ist FSME, die Frühsommer-Meningoenzephalitis. Weil sich Zecken in Deutschland immer wohler fühlen und Arten aus Südeuropa hierhin umsiedeln, wächst die Zeckenpopulation. Das begünstigt die Ausbreitung von FSME. Denn das Virus übertragen Zeckenmütter an ihre Nachkommen sowie infizierte Tiere an ihr unmittelbares Umfeld. Die vom RKI herausgegebene Karte der FSME-Risikogebiete zeigt, dass 2020 ein Rekordjahr war. 2021 nahmen die FSME-Infektionen im Vergleich zum Vorjahr jedoch um 45 Prozent ab. Risikogebiete sind vor allem in Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen, Sachsen und im südöstlichen Thüringen zu finden. 
       
    Eine Deutschlandkarte zur Verbreitung von Zecken finden Sie hier
  • 5/6/2022 6:13:14 AM   Lilly Bittner
    Zerstört oder schafft Klimaschutz ArbeitsplätzeGerade Politiker nutzen Arbeitsplätze immer wieder als Argument für oder gegen Klimaschutz – je nach Gesinnung. So forderte die AfD-Fraktion 2020 im Bundestag einen Ausstieg vom Kohleausstieg mit der Begründung, dieser würde Arbeitsplätze vernichten. Auch im aktuellen Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen setzen die Parteien Klimaschutz und Arbeitsplätze miteinander in Verbindung. Die einen folgen der Prämisse, Klimaschutz würde ohne weiteres Eingreifen Arbeitsplätze vernichten. So lauten die ersten Worte im Kapitel zum Klimaschutz im Wahlprogramm der CDU: „Wir werden zeigen, wie man beides schafft: Klima schützen und gute Arbeitsplätze“. Andere gehen davon aus, dass Klimaschutz Arbeitsplätze erzeugt. Die Grünen wollen die Windenergie in NRW ausbauen und so „Zehntausende sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze“ schaffen. Wie also beeinflussen Klimaschutzmaßnahmen den Arbeitsmarkt?
        
    Ein Bericht der Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem Jahr 2020 zeigt, dass Klimaschutz zwischen 2005 und 2015 vor allem Arbeitsplätze im Baugewerbe geschaffen hat. Häuser müssen beispielsweise gedämmt werden, um energieeffizienter zu sein und Windkraftanlagen gebaut. Vor allem im Bergbau und der Energieversorgung hingegen brachen Jobs weg. Diesen Trend prognostiziert die Stiftung auch bis 2050. Unterm Strich schafft Klimaschutz aber mehr Arbeitsplätze, als er zerstört. Im Einzelnen ist der Effekt sektorabhängig. Die Bundeszentrale für politische Bildung fasste 2021 die Studienlage nach Sektoren zusammen. 
     
    • Im Energiebereich verlieren vor allem Menschen im Kohlesektor ihren Job. 2020 arbeiteten hier noch knapp 20.000 Menschen. Von 2000 bis 2016 ist die Beschäftigtenzahl um 140.000 gesunken. Parallel schafften erneuerbare Energien in diesem Zeitraum knapp 60.000 neue Arbeitsplätze. Mit vorgelagerten Prozesses wie dem Bau von Windkraftanlagen kamen weitere 330.000 Jobs hinzu. 
    • Im Verkehrsbereich geht die Zahl der Arbeitsplätze leicht zurück. Der Bau von Elektroautos erfordert zwar genauso viel Arbeitskraft wie der eines Verbrenners. Allerdings sinkt die Nachfrage nach Reparatur und Händlern. Auch hier profitieren wieder Bau- und Infrastrukturberufe, um die Rahmenbedingungen für eine Verkehrswende zu schaffen. 
    • In der Landwirtschaft gehen einige Arbeitsplätze verloren, während neue hinzukommen. Zum einen werden Landwirte weniger Tiere halten, was weniger Arbeit bedeutet. Zum anderen ist Ökolandwirtschaft arbeitsintensiver und auch die Aufforstung bedarf Menschen, die Bäume pflanzen und bewirten. 
    • Im Gebäudesektor müssen Häuser saniert werden, um sie energieeffizienter zu gestalten. Das benötigt neue Arbeitskräfte. 
           
    Klimaschutzmaßnahmen bringen also nicht weniger Arbeitsplätze mit sich. Vielmehr verlagern sie diese. Um der Arbeitslosigkeit vorzubeugen, muss die Politik Strategien entwickeln, um Arbeitskräfte umzuschulen. So brauchen Elektro- und Verbrennerautos zwar genauso viel Arbeitskraft. Diese ist jedoch anders verteilt. Elektromotoren zu bauen geht schneller, dafür benötigt der Bau einer Batterie viel Arbeit. Zudem bringt es ehemaligen Bergbauarbeitern ohne Weiteres wenig, wenn mehr Häuser gedämmt werden müssen. Es gibt aber Potential: So arbeiteten bereits 2017 2,8 Millionen Menschen im Umweltschutzsektor.
  • 5/3/2022 6:48:34 AM   Martin Franke
    Die Hitzewelle in Indien und Pakistan fordert Tote und die Natur extrem heraus. Unsere Korrespondenten für Südasien haben in ihren Texten alle relevanten Informationen zusammengetragen:
       
    • Indien verbrennt noch mehr Kohle, um zu kühlen: Unerträgliche 47 Grad: Der Süden Asiens stöhnt unter einer Hitzewelle. Das könnte nur der Anfang sein, berichtet Christoph Hein.

    • Tote nach Hitzewelle in Indien: Die Extremtemperaturen fordern in Indien erste Opfer. Allein der Bundesstaat mit der zweitgrößten Bevölkerung meldet 25 Tote, die möglicherweise in Folge eines Hitzschlags starben.

  • 4/27/2022 1:41:44 PM   Oliver Becht
    Wie reagieren Meeresströmungen auf den Klimawandel? Computermodelle haben ausgerechnet, dass steigende Temperaturen in 77 Prozent der Ozeanfläche eine Beschleunigung der Oberflächenströmungen auslösen. Der Effekt sei auf globaler Ebene deutlich größer als die Auswirkungen veränderter Windsysteme und Salzgehalte, schreiben Forscher des Scripps-Institutes für Ozeanographie in Science Advances. Betrachtet wurden in der Studie ausschließlich Strömungen in den oberen zweihundert Metern der Ozeane. Zu Auswirkungen des Klimawandels auf die weltweite thermohaline Zirkulation werden keine Aussagen getroffen.
      
    „Ich halte das für ein sehr plausibles Resultat“, sagt Stefan Rahmstorf, Ozeanograph am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Steigende Oberflächentemperaturen, zeigt das Modell, steigern die kinetische Energie in den oberen zweihundert Meter um ganze einundzwanzig Prozent, während Änderungen in Windstärke und Salzgehalt eine Abnahme von gerade einmal drei beziehungsweise einem Prozent nach sich ziehen, „Es sind also in erster Linie die steigenden Temperaturen und nicht die Winde, die Veränderungen der Oberflächenströmungen verursachen“, sagt Shang-Pie Xie, Zweitautor der Veröffentlichung.
       
    Erklärt wird die temperaturbedingte Beschleunigung durch steigende Dichteunterschiede. Rahmstorf spricht von einer logischen Folge der Erwärmung, die bislang in erster Linie an der Meeresoberfläche stattfindet. „Da warmes Wasser leichter ist und oben schwimmt, wird die durchmischte Schicht an der Oberfläche dünner“, sagt er. „Die Strömung konzentriert sich in dieser dünneren Oberflächenschicht und fließt dadurch schneller.“
        
    Veränderungen der Meeresströmungen sind sehr bedeutsam: Beeinflusst werden nicht nur das globale Klimasystem, sondern auch der Transport von Nährstoffen und Mikroorganismen. Dass oberflächennahe Strömungen in den vergangenen drei Jahrzehnten schneller geworden sind, konnten Messungen bereits zeigen. 2020 erschien in Science Advances eine Studie, die eine Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit in bis zu 2000 Metern Tiefe festhielt. Von 1990 bis 2013 habe die Beschleunigung durchschnittlich 15 Prozent pro Dekade betragen. Verstärkt hätten sich sowohl subtropische Wirbel als auch äquatoriale und zonale Strömungen im Südozean. Wenig später hielt eine weitere Veröffentlichung fest, was durch die neuen Computermodelle jetzt bestätigt wird: Die Beschleunigung findet in erster Linie an der Oberfläche statt, während Strömungen in größerer Tiefe oftmals langsamer werden.
      
    Hu Yang, Klimaforscher am Alfred-Wegener-Institut, betont, dass beide Studien und auch viele weitere Veröffentlichungen von zunehmenden Winden als entscheidendem Beschleunigungsfaktor ausgegangen seien. „Die neue Erkenntnis, dass es eher um steigende Oberflächentemperaturen geht, hat bislang kaum Aufmerksamkeit erhalten.“ Große Unsicherheiten hängen mit den kaum vorhandenen Daten zusammen. „Der Ozean ist gerade in größerer Tiefe nahezu gar nicht unter Beobachtung“, sagt Xie, Zweiautor der neuen Studie. Dass überhaupt stichhaltige Aussagen zur Veränderung von Meeresbewegungen getroffen werden könne, liegt an Messreihen des internationalen Forschungsprojektes ARGO. Rund 4000 automatisierte Treibbojen sammeln weltweit kontinuierlich in verschiedenen Tiefen Daten zu Temperatur, Leitfähigkeit und Druck, die im Anschluss weitere Berechnungen zulassen. Die Messungen laufen allerdings erst seit zwanzig Jahren, was das Erkennen langfristiger Trends erschwert. 
    Eine Argo-Tauchboje wird von einem deutschen Forschungsschiff ausgesetzt. Quelle: www.argo.ucsd.edu
       
    Dass sich laut Modell nur 77 Prozent der Oberflächenströmungen beschleunigen, deutet auf Ausnahmen hin. Eine davon ist der Golfstrom. Meeresströmungen können durch unterschiedliche Prozesse angetrieben werden und reagieren auf neue Umstände daher individuell. Der Golfstrom basiert auf der Bildung von Tiefenwasser im arktischen Ozean, die durch das Abschmelzen von Eis sowie steigendem Niederschlag (und somit weniger salzhaltigem und leichterem Wasser, das weniger stark in größere Tiefen absinkt) abnimmt. „Der Effekt neuer Salzgehalte ist global gesehen klein, in Einzelfällen aber sehr bedeutsam“, sagt Xie. „Er kann die Abschwächung des Golfstroms genauso erklären wie beispielsweise die Beschleunigung des Brasilstroms.“
  • 4/26/2022 11:16:01 AM   Lilly Bittner
    Weniger Kinder fürs Klima? Immer mehr junge Menschen möchten keine Kinder mehr bekommen, weil mehr Menschen mehr Emissionen bedeuten. Dafür steht beispielsweise die Birthstrike Bewegung ein. Laut dem IPCC-Bericht aus dem Jahr 2018 bestätigen alle betrachteten Studien, dass eine wachsende Bevölkerung mehr Emissionen bedeutet. Es ist allerdings unklar, wie stark dieser Zusammenhang ist. 
        
    Eine Studie aus dem Jahr 2017, die im Fachmagazin Environmental Research Letters erschienen ist, weist einen großen Zusammenhang nach. Sie wird in der Debatte immer wieder angeführt, unter anderem von der Birthstrike Bewegung. Die Forscher untersuchen die effektivsten Maßnahmen, die jeder treffen kann, um seine Emissionen zu reduzieren. Dafür analysierten sie 148 Szenarien aus 39 Studien. Das Ergebnis: Es ist mit Abstand am wirksamsten, weniger Kinder zu kriegen. Während eine Vielzahl an Studien untersuchte, wie viel CO2 durch Autofahren freigesetzt wird, stammen die Daten darüber, wie viele Emissionen Kinder freisetzen, lediglich aus einer Studie aus dem Jahr 2009. Sie erschien im Fachmagazin Global Environmental Change. Demnach ist ein Elternteil verantwortlich für je die Hälfte der Emissionen seines Kindes, für ein Viertel der Emissionen seines Enkels, für ein Achtel jener des Urenkels und so weiter. So setzen Eltern mehr CO2 frei, wenn sie Kinder kriegen, als sie in ihrem Leben selbst ausstoßen. Wie hoch die Emissionen sind, ist abhängig vom Land, in dem man lebt. Wer in den Vereinigten Staaten wohnt, bekommt beispielsweise weniger Kinder als jemand aus Bangladesch. Dafür sind die Pro-Kopf-Emissionen höher. So ist eine amerikanische Mutter verantwortlich für 18.500 Tonnen CO2, wenn sie ein Kind kriegt – eine bangladeschische Mutter für 136 Tonnen CO2. 
       
    Die Zahlen sind also zum einen so hoch, weil nicht nur die Emissionen des Kindes, sondern der gesamten Erblinie einberechnet wurden. Zum anderen rechneten die Forscher mit Pro-Kopf-Emissionen aus dem Jahr 2005. Zu diesem Jahr lagen diese laut der Internationalen Energieagentur in den Vereinigten Staaten bei 19,3 Tonnen CO2 pro Jahr, in Deutschland bei 9,7 Tonnen CO2 pro Jahr. In den meisten westlichen Ländern sinken die Emissionen allerdings. 2020 stießen Amerikaner durchschnittlich 13 Tonnen CO2 aus, Deutsche sieben Tonnen. In nicht-westlichen Ländern sind und waren die Pro-Kopf-Emissionen meist noch geringer. Wenn man also annimmt, dass die Emissionen weiter sinken, fällt Kinderkriegen nicht mehr so stark ins Gewicht. Das Unternehmen Founders Pledge berechnet das Modell aus der Studie mit jenen Emissionen, die man erreichen würde, wenn weltweit die Klimaziele eingehalten würden. Dann würde sich der Verzicht auf Kinder unter eine von vielen Maßnahmen einreihen, um seine eigenen Emissionen zu reduzieren.
  • 4/26/2022 11:15:47 AM   Lilly Bittner
  • 4/22/2022 10:41:18 AM   Oliver Becht
    Wie stabil ist das Eis der Antarktis? Ein internationales Forscherteam um Wissenschaftler der Université Grenoble Alpes haben in „Communications Earth & Environment“ eine Analyse veröffentlicht, die den destabilisierenden Einfluss atmosphärischer Flüsse untersucht. Diese bezeichnen enge Korridore, die Feuchtigkeit aus mittleren Breiten und den Subtropen in höhere Breiten transportieren. Das Herantragen ungewöhnlich warmer Luftmassen sei bei 60 Prozent aller untersuchten Kalbungen seit dem Jahr 2000 unmittelbar vor dem Ereignis beobachtet worden, schreiben die Forscher. Ein kausaler Zusammenhang ist aufgrund der stets auftretenden Bildung von Schmelzwasser an der Oberfläche, starkem Wellengang und dem Rückgang von stabilisierendem Meereis wahrscheinlich. Atmosphärische Flüsse seien kein neues Phänomen, würden in der Antarktis seit dem späten 20. Jahrhundert und im Zuge der Klimaerwärmung aber immer häufiger beobachtet werden.
      
    Besonders besorgniserregend waren 1995 und 2002 die Abbrüche der beiden großen Eisschelfe Larsen A und Larsen B. Beiden Ereignissen, zeigt die Studie, war das Auftreten eines atmosphärischen Flusses vorausgegangen. Mit Blick auf die zukünftige Höhe des Meeresspiegels ist der Zustand von Schelfeis höchst bedeutsam, da er den Verlust des Kontinentaleises kontrolliert. Atmosphärische Flüsse, so die Studie, könnten in Zukunft auch auf Larsen C, den größten noch verbleibenden Eisschelf der antarktischen Halbinsel, einwirken.
     
    Auch die im März dieses Jahres an mehreren antarktischen Forschungsstationen gemessenen Extremtemperaturen sind durch einen Feuchtigkeitskorridor verursacht worden. „Ausmaß und Dauer dieser Temperaturen waren unglaublich“, sagt Jonathan Wille von der Universität Grenobles Alpes, der an der jetzt erschienen Studie zu atmosphärischen Flüssen mitgewirkt hat. „Hitze und Feuchtigkeit sind ungewöhnlich tief in den antarktischen Kontinent eingedrungen. Bis es geschehen ist, haben wir ein solches Extremereignis nicht für möglich gehalten.“
    Die Rekordtemperaturen im März hingen mit einem besonders starken "Schlenker" des antarktischen Jetstreams zusammen. Auslöser war ein atmosphärischer Fluss. Quelle: Ventusky App / DWD
      
    Bereits im Februar war in der Antarktis eine Minimalausdehnung des Meereises gemessen worden – seit Beginn der Aufzeichnungen in den 1970er-Jahren sank die Fläche erstmals auf weniger als zwei Millionen Quadratkilometer. Das antarktische Meereis gilt eigentlich als erstaunlich stabil, breitete sich im Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte sogar weiter aus. Die Messungen aus dem Februar sind nun allerdings der zweite Negativrekord innerhalb von fünf Jahren: Schon im Februar 2017 war ein ungewöhnlich starker Rückgang beobachtet worden. Eine von chinesischen Forschern der Sun Yat-sen Universität Guangzhou geleitete und vergangene Woche im Journal „Advances in Atmospheric Sciences“ veröffentlichte Studie hat versucht, durch Erstellung eines Meereis-Budgets für den Zeitraum 1979 bis 2022 Erklärungen für das Extremereignis zu finden. Besonders stark zurückgegangen sei in diesem Jahr demnach Eis im Wedellmeer, im Rossmeer, in der Amundsen- und Bellinghausensee sowie südwestlich des Indischen Ozeans.
       
    Die Studie hält fest, dass die Schmelzsaison bereits Anfang September 2021 begonnen habe, was erstaunlich früh sei und erneut mit ungewöhnlich starkem Hitzetransport in Richtung Pol zusammenhängen dürfte. Ein möglicher Auslöser sei das Zusammentreffen einer La Niña im pazifischen Ozean mit einer positiven antarktischen Oszillation (AAO), also starken Westwinden rund um den Kontinent. Verstärkt worden sein könnte das Abschmelzen durch hohe Meerestemperaturen, die in der Amundsensee eine Verdünnung des Meereises und somit einen schnelleren Rückgang bewirkt haben. Der bekannte Rückkopplungseffekt, dass dunkle Meeresoberflächen weniger Wärmestrahlung reflektieren und weiteres Abschmelzen beschleunigen, sei ebenfalls von Bedeutung.

  • 4/11/2022 2:40:48 PM   Lilly Bittner
  • 4/11/2022 2:38:52 PM   Lilly Bittner
    Das Klimaprofil Indiens
           
    1. Welche Klimaziele verfolgt das Land?
    Indien plant, bis 2070 klimaneutral zu werden. Das kündigte Premierminister Narendra Modi im November auf dem Weltklimagipfel in Glasgow an. Zudem möchte das Land seine Emissionsintensität um 45 Prozent im Vergleich zu 2005 senken. Die Emissionsintensität misst die Treibhausgasemissionen pro Einheit Wirtschaftswachstum. Weil Indiens Wirtschaft aktuell wächst, bedeutet das also noch nicht, dass die tatsächlichen Emissionen sinken müssen. Ein weiteres Ziel Indiens ist es aber, dass der Energiebedarf bis 2030 zur Hälfte mit Erneuerbaren gedeckt werden kann. Somit soll die Stromkapazität aus nicht-fossilen Quellen auf 500 Gigawatt steigen. Bis 2022 sollen erneuerbare Quellen bereits 175 Gigawatt Strom erzeugen. Zudem sollen bis 2030 30 Prozent der neuzugelassenen Autos elektrisch fahren. Und Indien möchte bis 2030 so viele Bäume pflanzen, dass zusätzlich 2,5 bis 3 Milliarden Tonnen CO2 aus der Atmosphäre gebunden werden können.
      
    1. Wie will es diese Klimaziele erreichen?
    Um die Klimapolitik zu organisieren, gibt es seit 2008 acht Nationale Kommissionen zum Klimawandel, wie beispielsweise die Nationale Solarmission. Einen Kohleausstieg hat Indien bisher allerdings nicht beschlossen. Zudem ist unklar, ob das Land internationale Hilfe benötigt, um seine Klimaziele zu erreichen. Das ist untypisch für wirtschaftlich schwächere Länder. Um mehr E-Autos auf die Straßen zu bringen, baut Indien nicht etwa seine Infrastruktur aus, sondern setzt auf Initiativen, die diese Autos bewerben. 
      
    1. Wie sieht die Umsetzung aus?
    Nach den Vereinigten Staaten und China ist Indien 2020 der drittgrößte CO2-Emittent weltweit. Indien ist eines der wenigen Länder, in der die Zahl der Kraftwerke seit 2015 zugenommen hat. Zudem sind dort aktuell die zweitmeisten Kohlekraftwerke der Welt in Planung. Im August 2021 lag die Stromkapazität aus erneuerbaren Quellen bei 100 Gigawatt. Das entspricht 22 Prozent der Gesamtleistung – das geplante Ziel von 175 Gigawatt bis 2022 wird voraussichtlich nicht erreicht. Trotzdem belegt Indien auf dem Klimaschutzindex 2022 Platz Zehn. Hier sind die ambitionierteren Ziele, die Modi in Glasgow ankündigte, noch nicht inbegriffen. Trotzdem werden die Treibhausgasemissionen, der Energieverbrauch und die Klimapolitik als gut und der Ausbau erneuerbarer Energien als durchschnittlich eingestuft. Die Experten bilanzieren, Indien sei auf gutem Wege, seine Emissionsziele für 2030 zu erreichen. Zudem seien diese kompatibel mit dem Pariser 2-Grad-Ziel. Trotzdem seien einige Richtlinien unzusammenhängend und Details zur Umsetzung fehlten. Auch der Climate Action Tracker berechnet, dass Indiens Klimapolitik mit dem 2-Grad-Ziel kompatibel ist. Fachleute schätzen, dass die gesetzten Ziele zu erneuerbaren Energien bis 2030 erfüllt werden. Trotzdem wird Indiens Klimapolitik als unzureichend bewertet. Das liegt daran, dass die Ziele lediglich widerspiegeln würden, wohin sich Indien gerade ohnehin bewegt. Erhöhte Ambitionen ließen sich aber nicht erkennen. 
      
    1. Wie steht die Bevölkerung zum Klimaschutz?  
    Eine Umfrage des Unternehmen Epson zeigt, dass 73,4 Prozent der Inder glauben, dass sie noch miterleben würden, wie die Menschheit die Klimakrise in den Griff kriegen werde. Weltweit glauben das lediglich 46 Prozent. 4,1 Prozent der Inder glauben nicht an die Klimakrise. Zudem denkt knapp ein Drittel, dass die Regierung zu wenig gegen die Klimakrise unternehme. Epson befragte weltweit über 15.000 Menschen, in Indien 1207. Laut einer Umfrage der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2021 sind die beliebtesten Klimaschutzmaßnahmen unter Indern die Nutzung erneuerbarer Energien, klimafreundliche Anbaumethoden und der Erhalt der Wälder. 67 Prozent der unter 18-Jährigen glauben, dass der Klimawandel einen Notstand darstelle.
  • 4/7/2022 2:06:41 PM   Lilly Bittner
    Kipppunkte wirken vielleicht subtiler, als bisher angenommen: Bisher bestand meist die Annahme, dass Kipppunkte gleich ein ganzes (Teil-) System verändern. So wird etwa berechnet, dass das gesamte Eis auf der Erde schmelzen wird, sobald ein Punkt überschritten ist. Das liegt daran, dass Kipppunkte normalerweise mit einfachen Modellen erklärt werden. Diese lassen meist nur zwei Zustände zu, wie etwa Eis oder kein Eis. Ein Forscherteam um Robbin Bastiaansen der Universität Utrecht erstellte nun ein komplexeres Modell. Die Studie wurde am 14. März im Fachmagazin Environmental Research Letters veröffentlicht. Die Forscher modellieren ein System, das vielfältig und beweglich ist. So ist es möglich, dass verschiedene Teilsysteme nebeneinander existieren. Sie zeigen, dass es innerhalb solcher Systeme unwahrscheinlicher ist, dass ein Kipppunktes gleich das gesamte System verändert. Viel eher schlagen nur Teile um.
       
    Embedded PolopolyImage
    Ein Algenteppich auf dem Wannsee in Berlin. Quelle: dpa
        
    Ein Beispiel: Wenn der Nährstoffgehalt in kleinen Seen steigt, so wachsen mehr Algen und der gesamte See wird trüb. In einem großen See ist es wahrscheinlicher, dass sich Algen nur in einem Teil des Sees vermehren. Hier ist es zudem leichter, den originalen Zustand wiederherzustellen, weil Tiere und Pflanzen im klaren Teil des Sees weiterleben können. Wenn dem See also Nährstoffe und somit Algen entzogen werden, können sich die Arten wieder im ganzen See ausbreiten. Um den ursprünglichen Zustand eines Systems wiederherzustellen, müssen sich aber die klimatischen Bedingungen wieder einpendeln. Der Klimawandel müsste gestoppt werden. Aber nicht nur wie groß das System, sondern auch wie heterogen es ist, spielt eine Rolle – beispielsweise bei der Ozeanzirkulation. Schmelzendes Gletscherwasser ist leichter als Salzwasser und kann somit die Meereszirkulation beeinflussen. Dieser äußere Einfluss wirkt an verschiedenen Orten aber unterschiedlich stark. Denn der Ozean ist an verschiedenen Orten anders beschaffen, beispielsweise wegen Süßwasserflüssen, die im Meer münden. Das macht es unwahrscheinlicher, dass sich die gesamte Ozeanzirkulation verlangsamt, sobald überdurchschnittlich viel Eis schmilzt. Allerdings ist nicht nur denkbar, dass einfache Modelle Kipppunkte bislang überschätzten, sondern auch, dass komplexe Modelle sie unterschätzen. Denn diese sind auf Stabilität ausgelegt. Zudem wurden in der Studie nicht alle Kipppunkte modelliert, sondern lediglich die am meisten diskutierten. Die Forscher schlussfolgern also nicht, dass Kipppunkte nicht so folgenreich sind, wie bisher angenommen. Vielmehr ist noch offen, was nach einem Kipppunkt kommen wird.
         
    „Ich bin immer noch besorgt über Kipppunkte, insbesondere wenn der Klimawandel anhält. Aber ich bin nicht so besorgt, dass, sobald wir einen Kipppunkt überschreiten, alles sofort zusammenbricht. Ich denke, es wird viel subtiler zugehen als die Darstellung, die in einigen Beiträgen über planetarische Grenzen gezeichnet wurde: dass alles gleichzeitig zusammenbricht, sobald wir einen Kipppunkt überschreiten. Ich glaube nicht, dass das der Fall ist“, sagt Robbin Bastiaansen, Hauptautor der Studie.
  • 3/31/2022 11:11:31 AM   Lilly Bittner
    Embedded PolopolyImage
    Tauender Permafrostboden in Sibirien. Quelle: Reuters
      
    Welche Rückkopplungseffekte gibt es? Beim Kampf um den Klimawandel ist immer wieder von sogenannten Kipppunkten die Rede. Das sind die Momente, in denen sich klimatische Prozesse verselbstständigen. Man kann sie nicht mehr aufhalten. Weil sich die Erde erwärmt, schmilzt beispielsweise der Eisschild über Grönland. Damit wandert der Gletscher in immer tiefere Höhen, in denen es naturgemäß wärmer ist. So könnte die Eisschmelze irgendwann unaufhaltsam werden. Wissenschaftler drängen nicht nur auf mehr Klimaschutz, weil irgendwann Kipppunkte erreicht sein werden. Sondern auch wegen sogenannten Rückkopplungseffekten, die dadurch hervorgerufen werden können. Prozesse werden dann nicht nur unaufhaltsam, sondern verstärken den Klimawandel zudem. Man unterscheidet zwischen positiven und negativen Rückkopplungseffekten. Negative Rückkopplungseffekte vermindern äußere Klimaauswirkungen, wie den menschengemachten Klimawandel. Wenn beispielsweise mehr Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre ist, fördert das das Pflanzenwachstum. Es überwiegen jedoch positive Rückkopplungseffekte, die äußere Klimaeinflüsse verstärken:
         
    • Eis-Albedo-Rückkopplung: Weiße Eisschichten reflektieren mehr als 80 Prozent der Sonneneinstrahlung. Der Bildungsserver Hamburg geht sogar von bis zu 90 Prozent Albedo aus. Im Gegensatz dazu reflektieren Landflächen weniger als 20 Prozent der Strahlen, Wasser noch weniger. Die Strahlung, die der Boden nicht reflektiert, absorbiert er. Die bodennahe Atmosphäre erwärmt sich. Wenn durch den menschengemachten Klimawandel das Eis schmilzt, werden also weniger Sonnenstrahlen reflektiert. Dadurch erwärmt sich die Erde wiederum noch schneller. Es schmilzt noch mehr Eis, wodurch Süßwasser in die Meere gelangt. Das stört die Meeresströmungen – besonders die atlantische Umwälzströmung –, was das ökologische Gleichgewicht ins Schwanken bringt. Die Folge wären unter anderem häufigere Extremwetterlagen sowie zerstörte Ökosysteme gerade im Nordatlantik.
    • Schmelzende Permafrostböden: Wenn der Permafrostboden schmilzt, würde nicht nur der Meeresspiegel steigen. Eine Studie aus dem Jahr 2015, erschienen im Fachmagazin Nature, zeigt, dass allein in der oberen Schicht bis zu 1600 Gigatonnen Kohlenstoff gespeichert sind. Das ist fast doppelt so viel, wie sich aktuell in der Atmosphäre befindet. Wenn der Permafrost schmilzt, könnte die Erde bis 2100 um weitere 0,3 Grad Celsius wärmer werden. Der Kohlenstoff stammt vor allem von Tier- und Pflanzenresten. Es können auch Treibhausgase aus Steinböden entweichen, was allerdings nicht einberechnet wurde. Zudem sind auch Umweltgifte wie Quecksilber sowie das Treibhausgas Methan in den Böden gespeichert. 
    • Wärmeres Meerwasser: Kaltes Wasser kann mehr Gase, besonders Kohlenstoffdioxid, aufnehmen als warmes Wasser. Hinzu kommt, dass in warmem Wasser Algen absterben, die auch CO2 speichern. Wenn sich die Erde erwärmt, steigt die Wassertemperatur der Meere. Diese können dann weniger CO2 aufnehmen.
    • Mehr Wasserdampf: Je wärmer die Luft wird, desto mehr Wasser kann sie aufnehmen. Wasserdampf ist allerdings auch ein Treibhausgas. Dieser ist zwar recht kurzlebig, weil sich schnell Wolken bilden. Zum einen regnet das überschüssige Wasser ab. Zum anderen reflektieren helle Wolken Sonnenstrahlen. Allerdings verstärkt Wasserdampf die Wirkung anderer Treibhausgase in der Atmosphäre wie ein Brennglas. 
    • Abholzung der Wälder: Jeder Baum speichert Kohlenstoffdioxid. Wenn dieser abgeholzt wird, steht er nicht zur Verfügung, um CO2 zu binden. Hinzu kommt, dass Bäume über ihre Blätter Wasser verdunsten. Je mehr Wald gerodet wird, desto geringer ist also die Niederschlagsmenge. Dadurch wird der Boden trockener, wodurch wiederum Pflanzen absterben. So stößt der Amazonas-Regenwald mittlerweile mehr CO2 aus, als er speichert. Das zeigt eine Studie, die im Juli vergangenen Jahres im Fachmagazin Nature erschienen ist. 
       
    Eine ausführliche Liste der Kipppunkte bis zu zwei Grad sowie über zwei Grad Celsius Erderwärmung zeigt die Helmoltz-Klimainitiative.
  • 3/28/2022 7:31:26 AM   Lilly Bittner
  • 3/28/2022 7:31:12 AM   Lilly Bittner
    Die Gründe des Artensterbens: Mehr als 40.000 Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht. Das zeigt die Rote Liste der bedrohten Arten der International Union for Conservation of Nature (IUCN). Die Organisation untersuchte fast 143.000 Arten, wovon 28 Prozent vom Aussterben bedroht sind. „Es ist das größte Artensterben seit Verschwinden der Dinosaurier“, sagt Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland. Das liegt vor allem an menschlichen Eingriffen.
       
    • Gründe für das Artensterben sind Wilderei und Überfischung. Eine Studie aus dem Jahr 2019, die im Fachmagazin PLoS Biology veröffentlicht wurde, zeigt, dass mehr als die Hälfte der tropischen Wälder starker Wilderei ausgesetzt sind. Es werden beispielsweise vom Aussterben bedrohte Elefanten umgebracht, um an Elfenbein zu kommen. So töteten Wilderer zwischen 2011 und 2017 etwa 10.000 bis 15.000 afrikanische Elefanten. Das zeigt eine Studie aus dem Jahr 2019, die im Fachmagazin Science erschien. Nicht nur an Land, sondern auch in den Meeren sorgen Menschen für Artensterben. Gerade Schleppnetze töten viele Tiere, die nicht gefangen werden sollten. Um das einzudämmen, errichten Staaten Meeresschutzgebiete. Eine im Fachmagazin Science publizierte Studie aus dem Jahr 2019 zeigt jedoch, dass Schlepper in 59 Prozent der europäischen Schutzzonen trotzdem fischen. In diesen Gebieten sind bedrohte Arten – wie Haie und Rochen – um über zwei Drittel zurückgegangen.
    • Auch die Erderwärmung bedroht viele Arten. Wenn sich die Erde um 4,5 Grad Celsius erhitzt, werden bis zu 50 Prozent der Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sein. Sollte die Erwärmung auf zwei Grad Celsius begrenzt werden, sind weniger als 25 Prozent der Arten bedroht. Das zeigt eine Studie des WWF aus dem Jahr 2018. Untersucht wurden 35 artenreiche Gebiete, wie der Amazonas und Madagaskar.
    • Zudem bedroht die moderne Landwirtschaft viele Arten. Pestizide und Düngungsmittel bringen vor allem Insekten um. Viele Insektizide landen zudem in Gewässern. Pestizide, die in Europa und Australien im Einsatz sind, können die regionale Artenvielfalt in Fließgewässern um bis zu 42 Prozent reduzieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie aus dem Jahr 2013, die im Fachmagazin PNAS erschien. Hinzu kommt, dass der Boden von Feldern verdichtet ist, was im Boden lebende Organismen bedroht. Zudem verdrängen Monokulturen Pflanzenarten.
    • Eine weitere Folge der Landwirtschaft ist, dass der Lebensraum für viele Arten schwindet. Um etwa Palmölplantagen anzubauen, wird Regenwald abgeholzt. Aber auch der Bau von Straßen stört die Ökosysteme, weil diese künstlich geteilt werden. Die Folge ist, dass sich Pflanzensamen nicht mehr ungehindert verbreiten und etwa Kröten nicht mehr zu ihrem Laichplatz wandern können. 
  • 3/28/2022 7:30:58 AM   Lilly Bittner
  • 3/28/2022 7:30:49 AM   Lilly Bittner
    Wie klimafreundlich ist Erdgas? Erdgas gilt zumindest für den Übergang als grüne Alternative für Kohle. So stufte die europäische Kommission Anfang Februar den Brennstoff als nachhaltig ein. Auch Deutschland setzt auf Erdgas. Das meiste hierzulande kommt durch Pipelines aus Russland, Norwegen und den Niederlanden. Zudem wird Flüssiggas aus den Vereinigten Staaten immer häufiger. Deshalb plant Deutschland, einen LNG-Terminal zu bauen. Um Flüssiggas (oder LNG) herzustellen, muss Erdgas auf Minus 162 Grad Celsius runtergekühlt werden. Dabei nimmt das Volumen um das 600-fache ab. Tankschiffe können so das Erdgas transportieren. Aber ist Erdgas wirklich nachhaltiger als Kohle? 
      
    Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) fasste in einem Bericht aus dem Jahr 2020 150 Studien zusammen. Wenn Erdgas verbrannt wird, setzt das etwa 40 Prozent weniger Kohlenstoffdioxid frei als Steinkohle. Bei Braunkohle sind es sogar halb so viele CO2-Emissionen. Zudem werden kaum andere Luftschadstoffe wie Feinstaub und Schwefeldioxid freigesetzt. Dass Erdgas weniger CO2 freisetzt, sind sich Wissenschaftler weitgehend einig. Erdgas besteht allerdings hauptsächlich aus Methan, was im gesamten Herstellungsprozess entweichen kann. Das Treibhausgas wirkt zwar nicht so lang in der Atmosphäre wie CO2. Allerdings ist es laut dem Weltklimarat in einem Zeitraum von 100 Jahren 28- bis 34-mal wirksamer in der Atmosphäre als CO2. In einem Zeitraum von 20 Jahren ist Methan sogar 84- bis 87-mal wirksamer. Um also zu beantworten, ob Erdgas klimafreundlicher ist als Kohle, muss man die CO2-Äquivalente miteinander vergleichen. Dafür werden andere Treibhausgase in den Schädlichkeitswert von Kohlenstoffdioxid umgerechnet.
        
    Wenn weniger als 3,2 Prozent des Erdgases – und somit auch des Methans – im Herstellungsprozess entweicht, so setzt Erdgas unterm Strich weniger CO2-Äquivalente frei als Kohle. Die Studienlage zur Methanfreisetzung ist allerdings uneindeutig. Die amerikanische Umweltbehörde EPA spricht von einem Verlust von 1,3 Prozent des amerikanischen Erdgases. Die von der BGR zusammengefassten Studienergebnisse reichen von 1,3 bis 2,5 Prozent – je nachdem, welche Produktionsschritte mit einberechnet werden. Obwohl immer wieder davon ausgegangen wird, dass Schiefergas schädlicher ist als konventionelles, liefert der Bericht hierfür keine eindeutigen Ergebnisse. Russisches Erdgas setzt zwischen 0,3 und 3,1 Prozent Methan frei. Aus norwegischem und niederländischem Gas entweicht im Schnitt weniger als 0,05 Prozent Methan. Der Bericht zeigt, dass Erdgas tatsächlich klimafreundlicher ist als Kohle. Lediglich LNG ist energieaufwändig. Es gehen fünf bis 15 Prozent des Erdgases verloren, um das Gas zu verflüssigen. Für einen zehntägigen Transport entweichen weitere 1,5 Prozent. Um das Flüssiggas dann wieder in Gas umzuwandeln, benötigt man weitere 1 bis 2,5 Prozent des Gases. 
        
    Weitere Studien kommen allerdings zu einem anderen Ergebnis. Die BGR bezeichnet eine Studie, die 2018 im Fachmagazin Science erschienen ist, als eine der am größten angelegten Untersuchungen. Sie rechnet mit dem kurzfristigen Wirkungsgrad von Methan von 20 Jahren. Die Studie schätzt die Methan-Emissionen aus amerikanischem Erdgas- und öl 63 Prozent höher als die EPA. Grund hierfür ist, dass sie auch Lecks einberechnet. Dementsprechend stoßen amerikanische Erdgasanlagen genauso viel CO2-Äquivalente aus wie alle amerikanischen Kohlekraftwerke, die 2015 in Betrieb waren. Weil amerikanisches Erdgas vor allem durch Fracking gewonnen wird, ist das nicht auf konventionelles Erdgas übertragbar. Das Ergebnis zeigt dennoch, dass zumindest Schiefergas keine klimafreundlichere Alternative zur Kohle darstellt.
      
    Eine Studie der Energy Watch Group aus dem Jahr 2019 kommt zu einem noch drastischeren Ergebnis. Demnach stößt Schiefergas im Herstellungsprozess 40 Prozent mehr CO2-Äquivalente aus als Kohle. Konventionelles Gas ist ähnlich klimaschädlich wie Kohle. Sie vergleichen ihre Ergebnisse mit denen der Internationalen Energieagentur (IEA). Diese kommt im World Energy Outlook-Bericht aus dem Jahr 2018 zu dem Ergebnis, dass Erdgas bei der Stromerzeugung halb so viele Treibhausgase emittiert wie Kohle. Die unterschiedlichen Ergebnisse kommen zustande, weil die IEA mit dem 100-jährigen Wirkungsgrad von Methan rechnet. Die Energy Watch Group nutzt die 20-jährige Wirkung. Zudem nutzt die IEA Daten zum Methangehalt in der Atmosphäre aus dem Jahrzehnt 2003 bis 2012. Die Energy Watch Group nutzt Daten einer Studie aus dem Jahr 2019, in dem der Methangehalt deutlich höher war. Zudem berechnet die IEA Emissionen von durchschnittlichen, bestehenden Erdgasanlagen. Die Energy Watch Group hingegen betrachtet künftig wettbewerbsfähige Anlagen, die emissionsintensiver sind. Welche Berechnung nun der Realität entspricht, ist schwer einzusehen. Klar ist allerdings, dass Erdgas nicht so eindeutig die klimafreundliche Alternative zu Kohle ist, wie es die EU suggeriert. 
  • 3/28/2022 7:30:30 AM   Lilly Bittner
  • 3/19/2022 2:07:00 PM   Lilly Bittner
    ​Die Corona-Subventionen sind nicht grün genug: Viele Staaten versprachen, dass sie die pandemiebedingten Konjunkturpakete an Klimaschutz koppeln würden. Eine Analyse aus dem Fachmagazin Nature vom 2. März zeigt allerdings, dass das nur bedingt umgesetzt wurde. Forscher der John-Hopkins-Universität untersuchten die Maßnahmenpakete von 2020 und 2021 der G-20-Staaten. Diese Staaten sind für mehr als 80 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Die Länder gaben insgesamt über 14 Billionen US-Dollar für ihre Konjunkturpakete aus. Das entspricht in etwa dem jährlichen Bruttoinlandsprodukt Chinas. Drei Prozent der Ausgaben wurden in Bereiche investiert, die die Emissionen erhöhen. Dazu zählen beispielsweise Subventionen für die Kohleindustrie sowie die Senkung der Energiesteuer, was einen höheren Energieverbrauch zur Folge haben kann. Sechs Prozent der Ausgaben wurden in Bereiche investiert, die Emissionen senken. Die Europäische Union hatte sogar das Ziel, die Hälfte der Ausgaben klimafreundlich auszurichten. Letztlich senken knapp ein Drittel der Ausgaben die Emissionen. Deutschland koppelte über 20 Prozent der Ausgaben an den Klimaschutz. So hat der Staat beispielsweise energieeffiziente Heizsysteme bezuschusst und die Infrastruktur für Elektroautos ausgebaut, um die Wirtschaft nach dem Lockdown wieder anzukurbeln. 91 Prozent der Ausgaben hatten keinen Effekt auf die Emissionen. 
        
    Die Forscher bilanzieren jedoch, dass die Staaten gerade nach den Lockdowns, um die Wirtschaft wieder aufzubauen, mehr Maßnahmen an den Klimaschutz hätten koppeln können. Zum einen, indem sie Gelder an Bedingungen knüpfen. Frankreich subventionierte seine Fluglinien nur, wenn diese keine Inlandsflüge mehr auf Strecken anbieten, die mit der Hochgeschwindigkeitsbahn konkurrieren. Zum anderen können eher zukunftsgerichtete Sektoren gefördert werden, wie der der erneuerbaren Energien. Die derzeitigen grünen Investitionen reichen laut der Analyse noch nicht aus, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. Dafür bedarf es bis 2042 jährlich sieben Billionen Dollar. Die Regierungen haben während der Pandemie gezeigt, dass es möglich ist, Gelder aufzuwenden, um eine globale Krise zu bekämpfen.
  • 3/16/2022 3:19:58 PM   Lilly Bittner
    Ist Biogas eine Alternative zum Erdgas? Die Europäische Union setzt auch auf Biogas, um sich von russischem Gas unabhängig zu machen und gleichzeitig klimaneutral zu werden. In Europa gibt es aktuell rund 20.000 Biogasanlagen, in Deutschland mehr als 9000. Laut dem Europäischen Biogasverband könnte man diese Zahl bis 2030 verdoppeln, um die von der EU vorgeschlagenen 35 Milliarden Kubikmeter Biogas zu produzieren. Das entspricht etwa 20 Prozent des Gases, das Russland aktuell in die EU importiert. Bis 2050 könnte Biogas 30 bis 50 Prozent des Gasbedarfs der EU decken. Aber wie funktioniert überhaupt eine Biogasanlage?
    Embedded PolopolyImage
    Eine Biogasanlage in Thüringen. Quelle: dpa 
       
    In einer Biogasanlage bauen laut dem Umweltbundesamt Bakterien pflanzliches oder tierisches Material unter Ausschluss von Sauerstoff ab. Dabei entsteht Biogas. In Deutschland werden drei Viertel dieses Materials nur für die Anlage angebaut, dazu zählen Energiepflanzen wie Mais, Getreide und Gras. Zu 18 Prozent wird Gülle eingespeist. Den Rest machen Bioabfälle. Während Erdgas fast ausschließlich aus Methan besteht, sind im Biogas 50 bis 75 Prozent Methan enthalten. Das kann man entweder direkt vor Ort zu Strom und Wärme umwandeln. Oder das Biogas wird auf Erdgasqualität aufbereitet und in das Netz eingespeist. 2020 deckte Biogas 4,9 Prozent des deutschen Stromverbrauchs und wird zu den erneuerbaren Energien gezählt. Aber ist Biogas wirklich umweltfreundlicher? 
       
    Biogas verbrennt CO2-neutral, weil die Pflanzen das entstehende CO2 zuvor aus der Atmosphäre gezogen haben. Allerdings setzen Biogasanlagen andere schädlichere Treibhausgase frei, wie Methan und Lachgas. Das Umweltbundesamt schreibt, dass rund fünf Prozent des Methans aus den Anlagen in die Atmosphäre entweichen würde. Ein Bericht des Umweltbundesamtes von 2019 zeigt, was das unterm Strich bedeutet. Demnach ersetzt Biogas im Stromsektor zu über zwei Drittel Steinkohle und zu rund einem Drittel Erdgas. So werden trotz der Methanemissionen rund 400 Gramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde eingespart. Das liegt daran, dass sehr viel CO2 eingespart wird. Im Wärmesektor ersetzt Biogas vor allem Heizöl und Erdgas. Hier spart Biogas rund 180 Gramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde ein. Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe zeigte 2016, dass es entscheidend ist, welches Material genutzt werde. Wenn Biogas ausschließlich aus extra angebauten Energiepflanzen produziert wird, dann setzt Biogas mehr CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde frei, als der deutsche Strommix 2020. Dieser besteht zu 46 Prozent aus erneuerbaren Energien. Das liegt daran, dass die Pflanzen bewirtschaftet und gedüngt werden müssen. Je mehr Gülle eingespeist wird, desto klimafreundlicher wird das Biogas. Grund hierfür ist, dass Gülle ohnehin vorhanden und in der Anlage umweltschonender verwertet wird, als wenn sie auf dem Acker landet. Zudem ist das Abfallprodukt von Biogas eine klimafreundliche Düngealternative zur Gülle.
  • 3/12/2022 1:12:14 PM   Lilly Bittner
    Wie klimaschädlich sind Kriege? Kriege und Klimawandel stehen in einer Wechselwirkung zueinander. Einerseits führt der Klimawandel zu mehr Konflikten, besonders um Ressourcen. Andererseits sind Kriege klimaschädlich.
    Embedded PolopolyImage
    Amerikanische Flugzeuge versprühen Baumentlaubungsmittel in Vietnam. Quelle: dpa
      
    • Das liegt daran, dass Ölfelderanlagen oder Tanklager häufig Angriffsziele sind – oder wie in Putins Krieg Atomkraftwerke. So setzten brennende Ölfelder in Kuwait während des Golfkriegs 1991 zweit Prozent der jährlichen Emissionen frei. Das zeigt eine Studie aus dem Jahr 1992, die im Fachmagazin Science erschien. Eine weitere Studie von 2018 aus dem Fachmagazin Atmospheric Chemistry and Physics zeigt zudem, dass sich der Ruß der brennenden Ölfelder auf den Tibetischen Gletschern niederlegte. Folglich schmolz das Eis doppelt bis fünfmal schneller als normal.
    • Ein weiteres Angriffsziel ist die Vegetation, die viel CO2 speichert. Wenn Wälder brennen, können sie also kein CO2 aufnehmen, sondern setzen es frei. Im Vietnamkrieg 1955 bis 1975 setzten die Vereinigten Staaten beispielsweise Herbizide ein, um Wälder zu entlauben. So nahmen sie ihren Gegnern die Deckung. Die Yale School of Environment schreibt, dass die Vereinigten Staaten so etwa 7700 Quadratmeilen Wald zerstörten – sechs Prozent der vietnamesischen Landfläche.
    • Auch der Transport von Gütern in Kriegsgebiete setzt viel CO2 frei. So machten die Kosten für Treibstoff 2017 fünf Prozent des globalen Budgets für humanitäre Hilfe aus.
    • Schließlich ist auch der Wiederaufbau nach Kriegsende klimaschädlich, weil gerade die Herstellung von Zement sehr emissionsintensiv ist. Laut einer Studie der Weltbank wurden im Krieg in Syrien sieben Prozent aller Häuser zerstört sowie weitere 20 Prozent beschädigt. Scientists For Future Österreich berechnen, dass rund 22 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente freigesetzt werden, um den Zement herzustellen, damit diese Häuser wieder aufgebaut werden können. 
         
    Eine Studie aus dem Jahr 2008 untersuchte diese Faktoren für den Irakkrieg 2003. Dort wurden 141 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen. Das ist mehr, als 60 Prozent aller Länder jährlich ausstoßen. Allein der Treibstoff des US-Militärs setzte 100 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente frei. Ungefähr die Hälfte wurde im Krieg benötigt, beispielsweise für Panzer. Die andere Hälfte brauchte das Militär, um den Treibstoff in das Kriegsgebiet zu transportieren. Zudem setzten brennende Ölfelder, abfackelndes Gas und der Wiederaufbau CO2 frei. Die Studienautoren vermuten, dass die Zementproduktion in den zehn Jahren nach Ende des Kriegs weitere 149 bis 232 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente für den Wiederaufbau freisetzen wird.
      
    Die tatsächlichen Emissionen könnten allerdings weitaus höher liegen. Das liegt daran, dass die Studienautoren Bereiche, für die keine zuverlässigen Zahlen verfügbar waren, wegließen – beispielsweise die Umweltschäden durch Explosionen und Chemikalien. Auch die Anzahl brennender Ölfelder liegt wahrscheinlich höher als angenommen. Wie schädlich Putins Krieg für das Klima sein wird, lässt sich noch nicht sagen. Während der Annexion der Krim 2014 ließ er Bergwerke durchfluten, wodurch das Grundwasser verseucht wurde. Zudem blockiert Kiew seitdem die Wasserversorgung der Krim über den Nord-Krim-Kanal, weshalb es zu Dürren auf der Halbinsel kommt.
  • 3/8/2022 8:05:40 AM   Lilly Bittner
    Die Radfahrnation Niederlande: In den Niederlanden herrscht die höchste Fahrraddichte weltweit. Auf 17 Millionen Einwohner kommen 23 Millionen Räder. Damit besitzt jeder Niederländer im Schnitt 1,3 Fahrräder. In Deutschland kommen auf jeden Einwohner 0,77 Räder. Eine Umfrage von Statista zeigt, dass sich 58 Prozent der befragten Niederländer zu regelmäßigen Radfahrern zählen. In Deutschland liegt die Zahl bei 36 Prozent. So legen die Niederländer laut niederländischem Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft 2019 28 Prozent aller Wege mit dem Rad zurück. Wenn die Arbeit weniger als fünf Kilometer entfernt ist, fahren 55 Prozent der Niederländer mit dem Rad zur Arbeit. Auch bei einem Arbeitsweg von unter zehn Kilometern nutzt knapp ein Drittel das Fahrrad. Deutsche nutzen laut dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr für nur rund elf Prozent aller Wege das Rad. Das spiegelt sich auch in den Wegen wider, die in den beiden Ländern mit dem Auto zurückgelegt werden: In den Niederlanden liegt der Anteil bei 43 Prozent, in Deutschland bei 57 Prozent. Kann man diesen Unterschied nur damit begründen, dass die Niederlande flacher sind?
        
    Embedded PolopolyImage
    Das größte Fahrradparkhaus der Welt in Utrecht. Quelle: dpa
         
    Eine Studie aus dem Jahr 2005, die das niederländische Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft zitiert, zeigt andere Ergebnisse. Demnach können Unterschiede zwischen niederländischen Gemeinden, wie viel Rad die Bewohner fahren, zu 73 Prozent durch Unterschiede in der Verkehrspolitik erklärt werden. Das lässt darauf schließen, dass auch die Unterschiede zwischen den Niederlanden und Deutschland an der jeweiligen Verkehrspolitik liegen. Allerdings zeigen Zahlen über die Unterschiede zwischen deutschen Gemeinden, dass Höhenunterschiede beeinflussen, wie viel die Menschen Rad fahren. Wenn die Steigungsrate unter fünf Prozent liegt, fahren die Bewohner 15 Prozent der Wege mit dem Rad. Bei einer Steigungsrate von über 15 Prozent, werden nur noch vier Prozent der Wege mit dem Rad zurückgelegt. So fährt man gerade in Norddeutschland viel Rad. Nichtsdestotrotz ist es lohnenswert, sich die niederländische Verkehrspolitik anzuschauen. Denn die Niederlande richten ihre Infrastruktur eher auf Rad- statt Autofahrer aus. 
     
    • Radwege: In den Niederlanden sollen ab Tempo 50 die Radwege mit einem Grünstreifen von den Autospuren getrennt werden. Das niederländische Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft gesteht allerdings ein, dass es mitunter Straßen gebe, bei denen das nicht der Fall sei – beispielsweise, weil es nicht genügend Platz gebe. Zudem gibt es allein in den niederländischen Städten über 7000 Kilometer Fahrradstraßen sowie 25 Schnellstraßen ohne Ampeln, Kreuzungen und Autos. Hinzu kommt, dass Ampeln in den Großstädten eher auf Radfahrer ausgerichtet sind. Sie schalten in den Hauptverkehrszeiten schneller auf grün, um Radstaus zu vermeiden. In Deutschland sind laut dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr 41 Prozent der Bundes-, 27 Prozent der Landes- und 18 Prozent der Kreisstraßen mit einem Seitenstreifen für Radfahrer ausgestattet. 
    • Parkmöglichkeiten: Die Niederlande installieren an den meisten Bahnhöfen sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder. So steht in Utrecht seit 2019 das größte Fahrradparkhaus der Welt. Es hat auf drei Etagen Platz für 12.500 Fahrräder. Zudem sind die ersten 24 Stunden parken kostenlos. Leihräder sind in das ÖPNV-Netz eingebunden. An allen großen Bus- und Bahnhaltestellen kann man sich Räder leihen. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr hingegen gesteht ein, dass es bei den Abstellmöglichkeiten einen „großen Nachhofbedarf“ gebe. 
    • Steuervorteile: Niederländische Arbeitnehmer erhalten eine Pendlerpauschale auch, wenn sie zur Arbeit radeln – 19 Cent pro zurückgelegtem Kilometer.
  • 3/3/2022 11:40:28 AM   Lilly Bittner
    Immer mehr Klimaflüchtlinge: Bis zum Jahr 2050 könnte es 216 Millionen Klimaflüchtlinge geben. Das zeigt der sogenannte Groundswell-Bericht der Weltbank vom September 2021. Analysiert wurde Binnenmigration, also die Flucht innerhalb der Heimatländer. Menschen werden flüchten müssen, weil das Wasser knapp wird, der Meeresspiegel steigt und die Landwirtschaft zurückgehen wird. Afrikanische Länder südlich der Sahara werden am stärksten betroffen sein. Die Autoren rechnen mit bis zu 86 Millionen Klimaflüchtlingen innerhalb dieser Länder. Zudem erwarten sie, dass es bereits 2030 Hotspots geben wird, aus denen viele Menschen aufgrund geänderter Umweltbedingungen fliehen werden. Bereits 2020 flohen laut der UN-Flüchtlingshilfe über 30 Millionen Menschen aufgrund von Naturkatastrophen kurz- oder langfristig aus ihrem zu Hause. 
    Embedded PolopolyImage
    ​Kühe grasen auf einer vertrockneten Weide in Südafrika. Quelle: dpa 
        
    Eine neue Studie zeigt nun, dass es Klimaflüchtlinge schon lange gibt. Sie erschien am 6. Januar im Wissenschaftsjournal Population and Environment. Die Forscher analysierten zwei Migrationsflüsse in Südafrika: von 1997 bis 2001 sowie von 2007 bis 2011. „Für Südafrika wird ein starker Anstieg der Durchschnittstemperaturen, eine Verschiebung der Niederschlagsmuster und eine stärkere Verschärfung der extremen Wasserknappheit vorausgesagt. Außerdem ist die Binnenmigrationsrate in diesem Land besonders hoch, weshalb wir es als Schwerpunkt unserer Studie ausgewählt haben“, sagt der Hauptautor Tingyin Xiao. In Südafrika erlebt die Bevölkerung also schon lange, wie sich der Klimawandel auswirkt. Es zeigt sich, dass bereits vor Jahren Südafrikaner vom Land in die Stadt flohen, weil die Durchschnittstemperatur steigt und zu wenig Regen fällt. Ernten fallen aus und das Wasser wird knapp. Einige flohen auch aus urbanen Gebieten, weil diese überschwemmt wurden. 
        
    Mit fortschreitendem Klimawandel werden diese Dynamiken stärker und weiten sich auf weitere Regionen aus. Der Bericht der Weltbank zeigt allerdings auch, dass Klimamigration eingedämmt werden kann. Falls die Erderwärmung unter zwei Grad Celsius bleiben wird, könnte die Zahl der Migranten um bis zu 80 Prozent niedriger ausfallen. Trotzdem gelten laut der Genfer Flüchtlingskonvention Menschen nicht als Geflüchtete, die aufgrund des Klimas fliehen. Lediglich der UN-Migrationspakt – nicht aber der UN-Flüchtlingspakt – erkennen Migranten an, die wegen Naturkatastrophen und Ressourcenmangel ihr zu Hause verlassen.
Gesponsert von Platform for Live Reporting, Events, and Social Engagement