Die Bundeswehr wird noch weitere 24 Stunden lang ein für medizinischen Notfalleinsätze ausgerüstetes Flugzeug (MedEvac) in Taschkent belassen. Die fliegende Intensivstation diene dazu, im Bedarfsfall die amerikanischen Streitkräfte zu unterstützen, die noch in Kabul sind. Die Entscheidung habe Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer vor Ort getroffen, teilt das Verteidigungsministerium auf Twitter mit.
Bei einem Vorfall an der afghanisch-pakistanischen Grenze sind mindestens drei Menschen ums Leben gekommen. Das bestätigten zwei pakistanische Behördenvertreter der Nachrichtenagentur dpa am Freitag. Demnach schossen pakistanische Grenztruppen auf eine Gruppe von Afghanen, die versuchte, über die Grenze in das Land zu stürmen. Mehrere weitere Afghanen seien verletzt worden.
Der Vorfall ereignete sich den Angaben zufolge am Grenzübergang Torkham, der die nordwestpakistanische Region Khyber Pakhtunkhwa mit der Provinz Nangarhar im Osten Afghanistans verbindet. Tausende Afghanen, die mutmaßlich wegen der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban fliehen wollen, sollen sich an der Grenze in der Hoffnung versammelt haben, diese passieren zu können.
Die ersten Soldaten der Bundeswehr sind von ihrer Evakuierungsmission in Afghanistan nach Deutschland zurückgekehrt. Auf dem Luftwaffenstützpunkt Wunstorf bei Hannover landete am Freitagabend die erste von drei Militärmaschinen. Die zwei weiteren Flugzeuge wurden wenig später erwartet. An Bord eines Flugzeugs war nach Militärangaben auch Bundesverteidigungsministerium Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Nach Bundeswehrangaben waren an der Evakuierungsmission 454 Einsatzkräfte beteiligt, darunter 19 Soldatinnen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dankte den Bundeswehr-Soldaten für ihren Einsatz. „Danke für Ihren mutigen Einsatz in einer sehr gefährlichen Mission – wie gefährlich, das hat nicht zuletzt der brutale Anschlag am Flughafen Kabul gezeigt“, schreibt er auf Instagram. „Gemeinsam mit unseren Verbündeten haben Sie tausende Menschen aus Afghanistan in Sicherheit gebracht. ... Unser Land ist stolz auf Sie.“
Die kommenden Tage werden nach Ansicht der amerikanischen Regierung die „gefährlichste“ Phase des Evakuierungseinsatzes aus Afghanistan. US-Präsident Joe Biden sei bei einem Treffen mit seinem nationalen Sicherheitsteam davor gewarnt worden, dass ein weiterer Terroranschlag in Kabul wahrscheinlich sei, hieß es am Freitag in einer Mitteilung der Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki. Es würden aber maximale Schutzmaßnahmen ergriffen.
Biden sei außerdem von seinen Kommandeuren über Pläne informiert worden, Angriffsziele gegen die Terrororganisation Isis-K zu entwickeln, hieß es weiter. Isis-K ist ein örtlicher Ableger der Terrororganisation Islamischer Staat (IS).
Die Evakuierung der amerikanischen Bürger, die sich noch in Afghanistan aufhielten, habe Vorrang. Es würden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um diese sicher zum Flughafen zu bringen. Biden hatte sich den Angaben nach am Freitagmorgen im Lagezentrum des Weißen Hauses mit seinen nationalen Sicherheitsberatern, Kommandeuren, Diplomaten und weiteren hohen Beamten getroffen. Der Präsident habe den Kommandeuren seine Zustimmung zu allen Befugnissen gegeben, die sie zur Durchführung der Operation und zum Schutz der Truppen benötigten.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat den Kräften der Evakuierungsmission aus Afghanistan für ihren schweren Einsatz gedankt. Ihr sei in Gesprächen deutlich geworden, dass die nun zurückgekehrten Soldaten, Diplomaten und Polizisten „Unfassbares gesehen und erlebt haben und dass sie Unglaubliches geleistet haben“, sagte Kramp-Karrenbauer am Freitagabend auf dem Fliegerhorst Wunstorf bei Hannover.
Die Männer und Frauen unter dem Kommando von Brigadegeneral Jens Arlt, dem Kommandeur der Luftlandebrigade 1, hätten volles Vertrauen bekommen und „dieses Vertrauen und alle Erwartungen, die wir in sie gesetzt haben, mehr als erfüllt“. Kramp-Karrenbauer sagte auch: „Die ersten Gedanken auch an dem heutigen Abend gelten den Opfern des fürchterlichen Terroranschlags gestern, sowohl den zivilen Opfern aber natürlich insbesondere auch den amerikanischen Kameraden, mit denen diese Operation vor Ort Seite an Seite durchgeführt worden ist.“
Die radikalislamischen Taliban haben nach eigenen Angaben die Kontrolle über Teile des Kabuler Flughafens übernommen. Am Freitag habe das US-Militär „drei wichtige Bereiche“ im militärischen Teil des Flughafens verlassen, erklärte der Taliban-Sprecher Bilal Karimi auf Twitter. Diese Bereiche seien nun „unter der Kontrolle des Islamischen Emirats“ und nur noch „ein sehr kleiner Teil“ des Airports werde von US-Soldaten kontrolliert.
Das US-Verteidigungsministerium erklärte daraufhin, die Zugänge zum Flughafengelände und der Betrieb des Flughafens würden weiter von US-Soldaten kontrolliert. „Sie haben weder die Verantwortung für irgendeines der Tore noch für den Betrieb des Flughafens“, sagte der Pentagon-Sprecher John Kirby über die Taliban. „Das steht weiter unter Kontrolle des US-Militärs.“