Lage in Afghanistan

Lage in Afghanistan

  • 8/18/2021 9:47:01 AM   Anna Schiller
    Der britische Premierminister Boris Johnson spricht sich gegen einen erneuten Nato-Einsatz in Afghanistan aus. „Ich halte es wirklich für eine Illusion zu glauben, dass bei einem unserer Partner Appetit auf eine fortgesetzte Militärpräsenz oder auf eine von der Nato entwickelte militärische Lösung in Afghanistan besteht“, sagte Johnson vor dem extra aus der Sommerpause zurückgerufenen Parlament. Er glaube auch nicht, dass es eine Option sei, zehntausende britische Soldaten in den Kampf gegen die Taliban zu schicken.
  • 8/18/2021 9:50:41 AM   Anna Schiller

    Gefangen in Kabul: Nicht einmal in Burka traut sie sich raus

    Eine Tätowiererin, ein Breakdancer und eine Fotografin fielen in Kabul auch vor dem Einmarsch schon auf. Jetzt bangen sie um ihr Leben und ringen mit der Frage: Fliehen oder anpassen?
  • 8/18/2021 9:55:21 AM   Thomas Jansen

    In der afghanischen Hauptstadt Kabul ist am Mittwoch eine weitere Bundeswehr-Maschine zur Evakuierung von Deutschen und Ortskräften gestartet. An Bord seien etwa 180 Menschen, teilte das Verteidigungsministerium am Mittwoch in Berlin mit.

    Damit seien insgesamt mehr als 400 Menschen in Sicherheit gebracht worden, so das Ministerium auf Twitter. Insgesamt sind an diesem Mittwoch vier solche Evakuierungsflüge aus Afghanistan ins Nachbarland Usbekistan geplant.

    Das in Kabul gestartete Transportflugzeug A400M flog in die usbekische Hauptstadt Taschkent. Geplant ist, dass die Menschen von dort mit der Lufthansa weiter nach Deutschland gebracht werden. Das Verteidigungsministerium kündigte an: „Wie evakuieren, solange es geht, so viele deutsche Staatsangehörige, Ortskräfte und weitere gefährdete Personen.“

  • 8/18/2021 10:00:18 AM   Anna Schiller
  • 8/18/2021 10:14:29 AM   Stefan Tomik
    Angesichts des Chaos bei der Rettungsmission für Afghanistan hat der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck eine lückenlose Aufklärung gemachter Fehler verlangt. „Die Aussagen der Bundesregierung, niemand habe vor der Situation gewarnt, wecken ernsthafte Zweifel“, sagte Habeck der Zeitung Rheinische Post. Auf die Machtübernahme der Taliban „hätte man sich vorbereiten können und müssen“, selbst wenn die Geschwindigkeit möglicherweise nicht absehbar gewesen sei.
    Habeck verwies darauf, dass die Grünen bereits im Juni im Bundestag auf eine einfachere Aufnahme afghanischer Ortskräfte gedrungen hatten, was Union und SPD damals zurückgewiesen hätten.
    Auch der frühere Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir griff Außenminister Heiko Maas (SPD) scharf an. Es habe warnende Stimmen vor Ort gegeben, man hätte nur zuhören müssen, sagte Özdemir im Deutschlandfunk. Deutschland lasse in Afghanistan jetzt Menschen im Stich, die als Ortskräfte für die Bundeswehr ihr Leben riskiert hätten. Zudem stelle sich die Frage, was eigentlich der Bundesnachrichtendienst in den vergangenen Wochen und Monaten gemacht habe.
  • 8/18/2021 10:30:12 AM   Stefan Tomik
    Aus der Opposition werden weitere Rücktrittsforderungen wegen der Kabul-Krise laut. Der Linken-Politiker Gregor Gysi forderte gleich den Rücktritt der ganzen Bundesregierung. „Das Ganze ist desaströs“, sagte Gysi dem MDR. Man hätte bereits im April „das Botschaftspersonal und auch die Helfer der Bundeswehr zurückholen können.“
     
    Rücktritte zumindest der verantwortlichen Ministerinnen und Minister verlangte auch der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki. „Sowohl die Bundeskanzlerin als auch Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer und vor allem Heiko Maas haben das größte außenpolitische  Desaster seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland zu verantworten“, sagte Kubicki der Zeitung Rheinische Post. Rücktritte wären „ein wichtiger symbolischer Akt, um zu demonstrieren, dass man in höchsten politischen Ämtern noch Verantwortung übernimmt.“
  • 8/18/2021 10:35:46 AM   Stefan Tomik
    Die Taliban haben sich nach Angaben aus ihren Reihen zu Gesprächen mit dem früheren Präsidenten Hamid Karzai getroffen. Auch Abdullah Abdullah, ranghohes Mitglied der bisherigen Regierung, sei dabei gewesen, sagte ein Taliban-Vertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte. Auf Taliban-Seite habe der Anführer der Hakkani-Gruppe, Anas Hakkani, teilgenommen. Karzai war von 2001 bis 2014 afghanischer Präsident.

  • 8/18/2021 10:41:21 AM   Stefan Tomik
    Norbert Röttgen nennt Lage in Afghanistan einen „dramatischen Scherbenhaufen“. Der CDU-Außenpolitiker sagte: „Es ist ein menschliches Drama und eine Katastrophe, es ist eine politische Katastrophe, es ist ein moralisches Scheitern des Westens.“ Die geostrategischen Auswirkungen seien noch gar nicht überschaubar. „Es ist eine Zäsur, die wir erleben, die alles ergreift und betrifft.“
     
    Röttgen machte deutlich, dass Deutschland bei der Rettung von Bundesbürgern und afghanischen Ortskräften nun voll auf das Wohlwollen der militant-islamistischen Taliban angewiesen sei. „Die Taliban sind jetzt die Machthaber im Land“, sagte er. „Alles, was dort stattfindet, findet statt, weil die Taliban es noch dulden. Und nur, sofern die Taliban es dulden.“ Er sehe nicht, welches Druckinstrument der Westen in den Gesprächen mit den Islamisten haben könnte. „Alles ist jetzt in der Hand der Taliban.“
  • 8/18/2021 11:24:50 AM   Niklas Zimmermann

    Afghanistan: Bundesländer wollen Tausende Flüchtlinge unterbringen

    Die dramatische Lage am Hindukusch treibt viele Afghanen aus dem Land. Deshalb bereitet Deutschland die Aufnahme zahlreicher Flüchtlinge vor. Nordrhein-Westfalen geht dabei voran und will 1800 Menschen aufnehmen.

  • 8/18/2021 11:29:33 AM   Niklas Zimmermann
    Die Opposition macht der Bundesregierung schwere Vorwürfe wegen der dramatischen Situation in Afghanistan. „Wir haben es mit einem kollektiven Versagen zu tun“, sagte der
    Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin vor einer Sondersitzung des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags am Mittwoch in Berlin. „Frau Merkel hat das getan, was sie am besten kann: nichts.“ Innenminister Horst Seehofer habe die Flüchtlingsabwehr höher gewichtet als das Leben von Menschen. „Und Heiko Maas hat dafür die Berichte geliefert, schönfärberische Berichte über die Situation in Afghanistan.“
     
    Der FDP-Außenpolitiker Bijan Djir-Sarai bezeichnete die Rolle der Bundesregierung als „katastrophal“. Seine Partei habe schon seit langem eine Exit-Strategie für Afghanistan verlangt. „Es gab genügend Zeit, um diesen Tag vorzubereiten. Die Bundesregierung hat das nicht gemacht.“ Die politische Verantwortung dafür müsse Außenminister Maas übernehmen. „Diese Fehler wären vermeidbar gewesen“, betonte Djir-Sarai.
     
    Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour sagte, es gehe jetzt nicht um einen Rücktritt des Außenministers. „Heiko Maas ist federführend. Aber wir haben hier ein Komplettversagen der Bundesregierung.“ Alle hätten sich mit dem Problem nicht beschäftigt. „Man hat einfach weggeschaut.“ Dies werde nach der Evakuierung zu besprechen sein. „Jetzt gilt es, Menschenleben zu retten.“
  • 8/18/2021 11:36:46 AM   Anna Schiller
    Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat vor Seuchenausbrüchen und lebensbedrohlichen Folgen für Schutzbedürftige gewarnt, sollte in Afghanistan die medizinische Versorgung unterbrochen werden. In Gebieten mit hohem Flüchtlingsandrang, so auch der Hauptstadt Kabul, gebe es Anzeichen von Durchfallerkrankungen und Mangelernährung, teilte die UN-Organisation am Mittwoch in Genf mit. Das Funktionieren der Gesundheitsdienste sei dringend sicherzustellen; Frauen müssten Zugang zu weiblichen medizinischen Fachkräften haben.
     
    Als erhebliches Problem bezeichnete die WHO Anschläge auf Gesundheitseinrichtungen. Von Januar bis Juli seien 26 Einrichtungen und 31 Mitarbeiter angegriffen worden; zwölf Mitarbeiter wurden demnach getötet. Von wem die Attacken ausgingen, teilte die WHO nicht mit.
     
    Monate der Gewalt hätten das Gesundheitssystem Afghanistans schwer belastet, erklärte die UN-Organisation. Es herrsche bereits durch die Corona-Pandemie ein Mangel an wichtigen medizinischen Gütern. Infolge der bewaffneten Auseinandersetzungen soll der Bedarf an Notfallmedizin und Operationen gestiegen sein. Die Zahl konfliktbedingter Verwundungen habe sich in Einrichtungen, die mit der WHO verbunden sind, gegenüber dem Vorjahr verdreifacht: auf fast 13.900 Fälle im Juli im Vergleich zu rund 4.060 im Juli 2020.
  • 8/18/2021 12:09:25 PM   Niklas Zimmermann
    Das Bundesinnenministerium hat keine genaue Prognose für mögliche Flüchtlingsströme. Der deutsche Fokus bei der Aufnahme liege derzeit auf Ortskräften, deren Familien sowie weiteren gefährdeten Personen, sagt ein Sprecher. Der Großteil der Flüchtlinge werde aber in der Region bleiben. Deswegen müssten die Länder rund um Afghanistan unterstützt werden, ebenso wie dort tätige Hilfsorganisationen.
  • 8/18/2021 12:18:43 PM   Anna Schiller
    Laut Bundesaußenministerium haben bislang 189 Deutsche Kabul in einem der Rettungsflüge verlassen. Hinzu kämen 202 afghanische Bürger, 59 EU-Bürger und 51 Menschen aus anderen Staaten, sagt ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Dem Bundesverteidigungsministerium zufolge wurden über 450 schützenswerte Personen aus Afghanistan ausgeflogen. Die Bundeswehr plane derzeit mit weiteren Flügen.

  • 8/18/2021 12:29:06 PM   Niklas Zimmermann
    Die Schweiz will vorerst keine größere Gruppe von Menschen direkt aus Afghanistan aufnehmen. Asylgesuche sollen nach dem üblichen Verfahren geprüft werden, erklärt die Regierung in Bern. Hingegen erhalten rund 40 lokale Mitarbeiter des Kooperationsbüros der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) in Kabul und ihre engsten Angehörigen ein humanitäres Visum, insgesamt rund 230 Personen. Es werde mit Hochdruck daran gearbeitet, die lokalen Mitarbeiter und Schweizer Bürger aus Afghanistan herauszubringen. Bislang hätten sich rund 30 Schweizer gemeldet, die das Land verlassen wollen.
  • 8/18/2021 12:31:57 PM   Anna Schiller
    Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) hat für den Fall seiner Wahl die Aufnahme aller von Deutschland registrierten Ortskräfte und Vertreter der Zivilgesellschaft aus Afghanistan versprochen. Es gebe lange Listen solcher Menschen, die derzeit nicht nur in Kabul, sondern auch an anderen Stellen in Afghanistan seien,sagte Laschet am Mittwoch bei einem Wahlkampfauftritt in Oldenburg.
     
    „Ich werde als Bundeskanzler eine Garantie abgeben, dass jeder, der sich auf diesen Namenslisten befindet, der sich für Deutschland engagiert hat, in Deutschland Aufnahme findet.“
     
    Auf die militant-islamistischen Taliban müsse nach der Eroberung der Hauptstadt Kabul Druck ausgeübt werden, diesen Menschen die Ausreise zu ermöglichen, sagte der CDU-Vorsitzende weiter. Deutschland müsse sich auf die Aufnahme vorbereiten. „Wir müssen alle, die auf uns gesetzt haben, herausholen.“
  • 8/18/2021 12:33:55 PM   Niklas Zimmermann
    Österreich ist dafür, einem möglichen Zustrom an Flüchtlingen aus Afghanistan durch Hilfe vor Ort und Abschiebezentren in den Nachbarländern Afghanistans zu begegnen. „Ziel muss es sein, den Großteil der Menschen in der Region zu halten“, sagte Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Mittwoch vor einem Treffen der EU-Innenminister. Außerdem müsse sich die EU durch weitere Anstrengungen beim Außengrenzschutz gegen eine aus Nehammers Sicht mögliche illegale Zuwanderung wappnen. Der Minister erklärte, Österreich beheimate mit aktuell 44.000 Afghanen – bezogen auf die eigene Bevölkerungzahl – die bereits zweitgrößte afghanische Gemeinschaft in der EU. Weitere Belastungen lehne er ab, sagte Nehammer.
  • 8/18/2021 12:35:47 PM   Anna Schiller
    Bei gegen die Taliban gerichteten Protesten in der afghanischen Stadt Dschalalabad sind mindestens drei Menschen getötet und mehr als ein Dutzend verletzt worden. Das berichten zwei Augenzeugen und ein früherer Polizeivertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Die Taliban hätten das Feuer eröffnet, als Einwohner der Stadt auf einem Platz versuchten, die Landesflagge zu hissen.
  • 8/18/2021 12:59:01 PM   Niklas Zimmermann
    Eine tschechische Militärmaschine hat am Mittwoch Kabul mit 62 Menschen an Bord verlassen. Das teilte Verteidigungsminister Lubomír Metnar in Prag mit. Unter den Passagieren sind unter anderem afghanische Ortskräfte mit ihren Familien sowie Afghanen, die über eine Daueraufenthaltsgenehmigung in der Tschechischen Republik verfügen. Bei zwei vorhergehenden Evakuierungsflügen der tschechischen Armee wurden bereits 133 Menschen vor den Taliban in Sicherheit gebracht. Die Tschechische Republik hatte sich fast zwei Jahrzehnte lang am westlichen Militäreinsatz in Afghanistan beteiligt. Dabei waren 14 Soldaten des Nato-Mitgliedstaats ums Leben gekommen.
  • 8/18/2021 1:10:12 PM   Sebastian Reuter

    Desaster in Afghanistan: Die mentale Blockade der deutschen Politik

    Warum hat die Bundesregierung nicht schon im Juni getan, was jetzt zu spät kommt? Die Migrationskrise von 2015 bleibt als Mythos wirksam, der eine realistische Politik vereitelt. Ein Gastbeitrag.
  • 8/18/2021 1:26:33 PM   Niklas Zimmermann
    Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Henning Otte (CDU), zieht ein rundum positives Fazit des langjährigen Afghanistan-Einsatzes. „Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan war sehr erfolgreich“, sagte Otte am Mittwoch in Berlin vor einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses. Nach den Anschlägen in den USA vom 11. September 2001, die dem internationalen Einsatz vorangingen, sei es darum gegangen, „Afghanistan vom Terror zu befreien, dass in der westlichen Welt keine Anschläge mehr verübt werden können“.
     
    „Wir wollen auch wissen, wie es sein konnte, dass die afghanische Armee nicht bereit war zu kämpfen für die eigene Sicherheit“, sagte Otte mit Blick auf den rasanten Siegeszug der Taliban. Er wertete dies als Zeichen dafür, dass die Bundeswehr ihren Einsatz dort aus militärischer Sicht nicht habe fortführen können.
  • 8/18/2021 1:52:04 PM   Niklas Zimmermann
    Evangelische und katholische Bischöfe und Organisationen haben die Bundesregierung aufgerufen, sich für die Wahrung der Menschenrechte in Afghanistan einzusetzen und den durch das Taliban-Regime bedrohten Menschen unkompliziert ein Bleiberecht in Deutschland zu gewähren. "Die verzweifelte Situation, in der sich gegenwärtig viele Afghaninnen und Afghanen befinden, ist zutiefst erschütternd", hieß es am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung.
    "Es gibt Berichte aus verschiedenen Landesteilen, die erwarten lassen, dass unter dem Taliban-Regime immenses Leid über große Teile der Bevölkerung kommen wird. Wir denken dabei nicht nur an die Ortskräfte, die über Jahre hinweg im Dienst der ausländischen Streitkräfte standen, sondern auch an die afghanischen Frauen und Kinder sowie die Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten", schreiben die Kirchenvertreter. Sie alle müssten "mit Verschleppung, Ausbeutung, Gewalt und dem Tod rechnen, wenn sie sich nicht den Bestimmungen der Taliban unterwerfen".
    "Wir bitten daher eindringlich alle Regierungen, auf diese Not mit Menschlichkeit zu reagieren, schnelle Hilfe und Ausreisen zu ermöglichen sowie Asyl zu gewähren", so die Unterzeichner. Die Bundesregierung solle auch jenen Menschen ein Bleiberecht in Deutschland gewähren, die schon vor 2013 mit der Bundeswehr, zum Beispiel als Übersetzerinnen oder Übersetzer, zusammengearbeitet haben. Dies sieht die Bundesregierung bisher nicht vor.
  • 8/18/2021 2:07:36 PM   Anna Schiller
    Auf Twitter teilen Nutzer Videos, die die Proteste in Dschalalabad zeigen sollen. Zu sehen ist unter anderem, wie Demonstranten die afghanische Flagge durch die Straßen tragen. Zuvor hatten die Taliban begonnen, ihre eigene Flagge an zentralen Orten zu hissen.
  • 8/18/2021 2:27:45 PM   Anna Schiller
    Der aus Afghanistan geflüchtete Präsident Ashraf Ghani ist in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufgenommen worden. Das Außenministerium des Golfstaats bestätigte am Mittwoch, dass das Land ihn und seine Familie aus humanitären Gründen aufgenommen habe. Zuvor hatte es Berichte gegeben, wonach Ghani in der Hauptstadt Abu Dhabi gesichtet worden sein soll.
     
    Ghani hatte das Land angesichts des Vormarsches der Taliban am Sonntag verlassen. Viele Afghanen reagierten wütend und warfen ihm die Zerstörung des Landes vor. Er rechtfertigte seine Flucht damit, dass andernfalls zahlreiche Landsleute den "Märtyrertod" erlitten hätten und die Hauptstadt Kabul zerstört worden wäre. Die Taliban hätten in der Vergangenheit erklärt, dass sie bereit seien, blutige Angriffe in Kabul zu verüben, um ihn von der Macht zu vertreiben. "Ich entschied mich zu gehen, um dieses Blutvergießen zu verhindern", so Ghani. Lokale Medien hatten zunächst berichtet, er sei nach Tadschikistan geflogen.
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    Ashraf Ghani Anfang August im Parlament in Kabul. Foto: Reuters

  • 8/18/2021 2:54:09 PM   Anna Schiller

    Borrell über die Taliban: „Sie sehen aus wie früher, aber sprechen besser Englisch“

    Außenminister Heiko Maas hatte gedroht, es gebe keinen Cent mehr, falls die Taliban ein Kalifat errichteten. Doch die EU-Staaten wollen nur die Entwicklungshilfe aussetzen und weiter humanitäre Hilfe leisten.

  • 8/18/2021 4:25:24 PM   Simon Hüsgen

    Die EU-Kommission hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, gefährdete Menschen in Afghanistan schnell nach Europa zu holen. Afghanen, die nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban in Kabul „unmittelbar bedroht sind, sollten in EU-Mitgliedstaaten umgesiedelt werden“, sagte Innenkommissarin Ylva Johansson am Mittwoch nach einer Videokonferenz mit den EU-Innenministern. Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan lehnte sie vehement ab.

    „Es gibt Menschen, die sich zum Beispiel für die Grundrechte von Journalisten und anderen in Afghanistan eingesetzt haben, die jetzt bedroht sind und wirklich sicher in die Europäische Union umgesiedelt werden müssen“, sagte Johansson weiter. Wir sollten nicht warten, bis die Menschen an unserer Außengrenze stehen. Wir müssen ihnen schon vorher helfen.“

    Besonders Österreich hatte die Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus Afghanistan zuvor abgelehnt und darauf bestanden, kriminelle und abgelehnte afghanische Asylbewerber weiterhin abzuschieben. Wenn dies nach Afghanistan nicht möglich sei, sollten dafür „Abschiebezentren“ in Nachbarstaaten in der Region geschaffen werden, forderte Innenminister Karl Nehammer.

  • 8/18/2021 5:21:03 PM   Simon Hüsgen

    Die Lage am Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul ist nach Angaben von Bundesaußenminister Heiko Maas weiterhin zum Teil „außerordentlich chaotisch“. „Die Anzahl der Zugangspunkte ist beschränkt. Und nach unseren Informationen scharen sich Hunderte von Menschen vor diesen Toren, teilweise werden das auch Tausende und dabei ist es immer wieder zu Gewaltausbrüchen gekommen“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch nach der Sitzung des Krisenstabs der Bundesregierung in Berlin.

    Trotzdem nimmt die Evakuierungsaktion der Bundeswehr für deutsche Staatsbürger und afghanische Helfer der Bundeswehr und Bundesministerien Fahrt auf. Die Bundesregierung plant nach Angaben des Außenministers, noch heute zwei Bundeswehr-Flugzeuge für weitere Evakuierungsflüge nach Kabul zu schicken. „Wir haben jetzt insgesamt seit Sonntag 500 Menschen aus Kabul ausgeflogen und in Sicherheit gebracht. Und wir wollen das in den kommenden Tagen auch in der Quantität weiterführen.“ Von den 500 Evakuierten seien etwas mehr als 100 Menschen afghanische Staatsangehörige gewesen.

    „Das kann nur der Anfang sein. Wir wollen weiterhin so viele Menschen wie nur irgendwie möglich aus Afghanistan in Sicherheit bringen.“ Derzeit gebe es „keine belastbaren Sicherheitszusagen, dass die Taliban afghanische Staatsangehörige frei zur Botschaft und zum Flughafen passieren lassen," fügt Maas hinzu. Der deutsche Botschafter sei inzwischen in Doha eingetroffen, wo er erste Gespräche mit Vertretern der Taliban geführt habe. Diese Gespräche würden am Donnerstag fortgesetzt.
  • 8/18/2021 5:24:37 PM   Simon Hüsgen
    Bundeskanzlerin Angela Merkel dringt bei US-Präsident Joe Biden darauf, möglichst vielen afghanischen Bürgerinnen und Bürgern, die Deutschland unterstützt haben, die Ausreise zu ermöglichen. Merkel habe am Mittwoch mit Biden telefoniert, teilte ein Regierungssprecher mit. Beide hätten die „weitere enge Zusammenarbeit, auch zwischen der Bundeswehr und amerikanischen Sicherheitskräften am Flughafen Kabul“ betont.
     
    Zuvor hatten etliche Regierungen Probleme mit den US-Streitkräften angedeutet, die den Flughafen in Kabul kontrollieren. Merkel und Biden seien sich einig gewesen, möglichst viele schutzbedürftige Menschen auszufliegen, teilt der Sprecher mit.
     
    Zudem habe Merkel mit dem usbekischen Präsidenten Mirsijojew telefoniert, um ihm für die logistische Unterstützung bei der Durchführung der deutschen Evakuierungsflüge zu danken. Am Dienstagabend habe sie zudem mit dem Präsidenten Pakistans, Imran Khan, und dem Emir von Qatar, Tamim Al Thani, gesprochen.
  • 8/18/2021 5:46:43 PM   Monika Ganster
    Dass Frauen, die bisher eine Rolle im öffentlichen Leben Afghanistans gespielt haben, nun besonders gefährdet sind, gilt vielen Beobachtern als sicher. Zarifa Ghafari, die auch im Ausland als Bürgermeisterin der Stadt Maidan Shar in Afghanistan einige Bekanntheit erlangt hat, konnte offenbar das Land verlassen. Nach Auskunft des ZDF ist sie derzeit in einer Maschine der Bundeswehr in Richtung Deutschland unterwegs.
    Ghafari, die in Indien studieren konnte, hatte ihre für afghanische Verhältnisse ungewöhnliche Position als Bürgermeisterin erhalten, weil sie die fähigste Bewerberin gewesen war. Monatelang konnte sie jedoch ihr Amt nur mit Polizeischutz ausüben. Dennoch gab die junge Frau, deren Vater von den Taliban ermordet worden war, nicht auf und setzte sich in ihrer Stadt für Frauenrechte ein. Vor wenigen Wochen noch war sie in Frankfurt mit dem Ingrid-zu-Solms-Preis für Menschenrechte ausgezeichnet worden.

  • 8/18/2021 5:55:26 PM   Niklas Zimmermann
    Führende Taliban-Mitglieder haben sich in der afghanischen Hauptstadt Kabul mit dem ehemaligen Präsidenten Hamid Karsai getroffen. Wie das auf die Auswertung islamistischer Websites spezialisierte US-Institut Site am Mittwoch mitteilte, erklärten die Taliban, "dass sie alle ehemaligen Regierungsbeamten begnadigt haben und daher niemand das Land verlassen muss". Neben Karsai nahm auch der Verhandlungsführer der abgesetzten Regierung für den innerafghanischen Friedensprozess, Abdullah  Abdullah, an dem Treffen teil.
     
    Die Taliban veröffentlichten Fotos von Karsai mit Anas Hakkani, einem Unterhändler der Taliban bei den Friedensverhandlungen in Doha. Anas Hakkani ist ein Bruder des stellvertretenden Taliban-Anführers und Gründers des berüchtigten Hakkani-Netzwerks, Siradschuddin Hakkani. Hamid Karsai war nach dem Sturz der Taliban 2001 Präsident einer von den USA unterstützten Regierung geworden. Er blieb bis 2014 im Amt. Sein Nachfolger Aschraf Ghani war vor der Machtergreifung der Taliban am Sonntag aus dem Land geflohen und befindet sich mittlerweile in Abu Dhabi.
  • 8/18/2021 7:26:05 PM   Moritz Grimmig

    Nach einem chaotischen Start nimmt der Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan Fahrt auf. Militärmaschinen vom Typ A400M pendeln nun zwischen Kabul und der usbekischen Hauptstadt Taschkent. Sie flogen bis Mittwochabend nach Angaben aus Militärkreisen 673 Menschen aus. Die Bundesregierung brachte zugleich die rechtliche Grundlage für den Einsatz auf den Weg. Nach dem vom Kabinett beschlossenen Mandatsentwurf sollen bis zu 600 Soldaten bis spätestens Ende September im Einsatz sein. Für die Operation werden etwa 40 Millionen Euro veranschlagt.

    Im Bundestag beschäftigten sich die Ausschüsse für Verteidigung und Außenpolitik mit der überraschend schnellen Machtübernahme der Taliban. Die Opposition warf der Bundesregierung Schönfärberei und Versagen bei der Lageeinschätzung in den letzten Wochen vor.

    Aber auch im Koalitionslager gibt es Unmut. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen bezeichnete die Situation in Afghanistan als „dramatischen Scherbenhaufen“. „Es ist ein menschliches Drama und eine Katastrophe, es ist eine politische Katastrophe, es ist ein moralisches Scheitern des Westens“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses.

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    Kurz nach der Landung in Taschkent werden die Evakuierten von deutschen Sicherungskräften aus dem Airbus A400M geleitet. (Foto: dpa)

  • 8/18/2021 8:08:34 PM   Moritz Grimmig

    Ein an den Evakuierungsflügen aus Kabul beteiligtes deutsches Transportflugzeug ist defekt. Das Problem beeinflusse die Evakuierungen aus der afghanischen Hauptstadt aber nicht, betonte das Bundesverteidigungsministerium am Mittwochabend im Online-Dienst Twitter.

    Eine Ersatzmaschine sei bereits in Kabul gelandet. Zudem sei ein weiterer Militärtransporter vom Typ A400M mit Ersatzteilen in Taschkent eingetroffen. Dort befindet sich auch der defekte A400M.

  • 8/18/2021 8:18:23 PM   Moritz Grimmig

    Der aus Afghanistan geflüchtete Präsident Aschraf Ghani will eigenen Angaben zufolge nicht im Exil bleiben. Er sei in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), um ein Blutvergießen und eine Tragöde zu verhindern. Er sei aber in Gesprächen, nach Afghanistan zurückzukehren und seine Bemühungen für Gerechtigkeit im Land fortzusetzen, sagte Ghani in einer am Mittwoch auf Facebook veröffentlichten Videobotschaft.

    Ghani hatte Afghanistan angesichts des rasanten Vormarsches der militant-islamistischen Taliban am Sonntagvormittag fluchtartig und ohne Erklärung verlassen. Danach waren die Taliban am Abend in die geschätzt 5,4 Millionen Einwohner zählende Hauptstadt Kabul eingerückt.

    Ghani wies Vorwürfe zurück, dass er Gelder mitgenommen habe. Der afghanische Botschafter in Tadschikistan etwa hatte Ghani des Diebstahls von 169 Millionen Dollar (144 Millionen Euro) an staatlichen Mitteln beschuldigt. Die Vorwürfe seien völlig unbegründet und weit entfernt von der Wahrheit.

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    Kontakt aus dem Exil: Präsident Ashraf Ghani wendet sich per Videobotschaft an sein Volk. (Foto: Reuters)

    Weiter gab Ghani an, er habe das Land so schnell verlassen müssen, dass er seine Hausschuhe nicht ausziehen und seine Stiefel nicht anziehen konnte. Er habe keines seiner wertvollsten Besitztümer mitnehmen können, weder seine Bücher noch einen persönlichen Laptop, „auf dem alles war“. Ghani gilt als Vielleser. Seine Bibliothek im Präsidentenpalast soll rund 6000 Bücher umfassen.

    Das Außenministerium der VAE bestätigte am Mittwoch, dass das Land ihn und seine Familie aus humanitären Gründen aufgenommen habe. Zuvor hatte es Berichte gegeben, wonach Ghani in der Hauptstadt Abu Dhabi gesichtet worden sein soll.

  • 8/18/2021 11:59:41 PM   Ulrike Putz
    Der Iran ist nach den Worten seines neuen Präsidenten Ebrahim Raisi zur Zusammenarbeit mit Russland und China bereit, um „Stabilität und Frieden“ in Afghanistan zu sichern. In einem Telefonat mit Chinas Präsident Xi Jinping sagte Raisi, Teheran wolle sich auch für die „Entwicklung, den Fortschritt und den Wohlstand“ in Afghanistan einsetzen, wie es auf der offiziellen Website der iranischen Präsidentschaft am Mittwoch hieß.
     
    Auch während eines Telefonats mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin habe Raisi die Bereitschaft des Iran zu „jeglicher Kooperation“ deutlich gemacht, um „Frieden und Ruhe in Afghanistan durchzusetzen“. Der Iran sei der Ansicht, „dass alle afghanischen Gruppen zusammenarbeiten“ und den Rückzug der US-Truppen in einen „Wendepunkt für dauerhaften Frieden und Stabilität in Afghanistan verwandeln sollten“.
     
    Die Beziehungen zwischen Teheran und den Taliban sind historisch schwierig. Im Jahr 1998 hatten Taliban-Kämpfer das iranische Konsulat im nordafghanischen Masar-i-Scharif überfallen und mehrere Diplomaten sowie einen Journalisten getötet. In der Folge war es beinahe zu einem iranischen Einmarsch in Afghanistan gekommen.
     
    Experten gehen davon aus, dass Teheran angesichts der Rückkehr der Taliban an die Macht eine pragmatische Haltung einnimmt. Der Iran und Afghanistan teilen sich eine 900 Kilometer lange Grenze, bereits jetzt leben nach UN-Angaben im Iran fast 3,5 Millionen afghanische Flüchtlinge.
     
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    Irans Präsidenten Ebrahim Raisi ist zur Zusammenarbeit mit Russland und China bereit, um Afghanistan „Stabilität und Frieden“ zu bringen. (Foto: dpa)
  • 8/19/2021 12:02:38 AM   Ulrike Putz
    CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat sich für finanzielle Unterstützung in Milliardenhöhe zugunsten der UN-Flüchtlingshilfe ausgesprochen, um Geflüchtete aus Afghanistan in Camps in den Nachbarländern unterzubringen. „Die Fehler von 2015 nicht zu wiederholen, bedeutet auch, dass wir die UN-Flüchtlingshilfe stärker dabei unterstützen, die Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag). „Dazu müssen wir Milliarden-Zusagen für die nächsten Jahre machen“, sagte er mit Blick auf die Bundesregierung.
     
    Ziel müsse es sein, die deutschen Staatsbürger und afghanischen Ortskräfte auszufliegen. „Es kann aber keine generelle Zusage für die Aufnahme von Flüchtlingskontingenten in Deutschland geben“, schränkte Dobrindt ein.
     
    „Wir dürfen jetzt nicht den Eindruck erwecken, dass wir die Probleme in Afghanistan in Deutschland lösen könnten. Das würde das Risiko einer Fluchtbewegung nach Europa massiv erhöhen.“
     
    In den Jahren 2015 und 2016 waren mehr als 1,1 Million Asylsuchende nach Deutschland gekommen, viele aus dem Bürgerkriegsland Syrien.
  • 8/19/2021 12:06:11 AM   Ulrike Putz
    Die US-Streitkräfte werden nach den Worten von US-Präsident Joe Biden so lange in Afghanistan bleiben, bis die Evakuierung aller Amerikaner abgeschlossen ist - notfalls auch über den 31. August hinaus. „Wenn es dort noch amerikanische Staatsbürger gibt, werden wir bleiben, bis wir sie alle rausgeholt haben“, sagt Biden in einem Interview mit dem Sender ABC News.
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    Präsident Biden hat in Aussicht gestellt, dass auch nach dem Einsatzende am 31. August amerikanische Soldaten in Afghanistan vor Ort sein könnten. (Foto: dpa)
  • 8/19/2021 12:16:11 AM   Ulrike Putz
    John Bolton, früherer Sicherheitsberater der USA, warnt vor einem Griff der Taliban nach Atomwaffen. „In Afghanistan drohen neue nukleare Risiken, nicht morgen oder in 30 Tagen, aber mittelfristig“, sagt Bolton dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Unsere Präsenz dort hat immer auch dazu gedient, Informationen aus zwei problematischen Nachbarländern mit Nuklearprogrammen zu sammeln, Pakistan und Iran. Unsere Fähigkeit die Region zu durchleuchten wird jetzt durch den Abzug reduziert.“
    Dass auch die Taliban an Atomwaffen interessiert sind, wisse die US-Regierung bereits seit 2001. „Wir dürfen jetzt bitte nicht naiv sein“, sagt Bolton. „Die haben sich doch nicht 20 Jahre lang mühsam versteckt, um jetzt zu sagen: Ok, nun ist ein guter Moment gekommen, um unsere Grundsätze aufzugeben.“
  • 8/19/2021 1:00:00 AM   Ulrike Putz
    Die US-Regierung und die Notenbank haben Medienberichten zufolge den Großteil von Afghanistans Währungsreserven eingefroren. Es gehe darum, die Anlagen nicht in die Hände der Taliban fallen zu lassen, zitierte unter anderem die Zeitung Washington Post Kreise aus dem US-Finanzministerium. Der nach der Machtübernahme der Taliban außer Landes geflohene bisherige afghanische Zentralbankchef Adschmal Ahmadi erklärte am Mittwoch über Twitter, rund sieben Milliarden Dollar (sechs Milliarden Euro) der Reserven seien bei der US-Notenbank in Verwahrung. Weitere zwei Milliarden Dollar sind demnach anderweitig international angelegt.
     
    Die Taliban hätten daher wohl nur Zugriff auf bis zu 0,2 Prozent der Währungsreserven, schrieb er weiter. Weil in Afghanistan bislang deutlich mehr US-Dollar ausgegeben als eingenommen wurden, war die Zentralbank zudem auf regelmäßige Lieferungen von US-Bargeld angewiesen. Ahmadi zufolge hat die Zentralbank nun aber kaum mehr US-Dollar, weil die Lieferungen angesichts des Vormarsches der Taliban eingestellt worden seien. Der Mangel an US-Dollar könnte zu Kapitalkontrollen, einer Begrenzung von Abhebungen und zu einem Verfall des Kurses der örtlichen Währung führen.
     
    Die Taliban sind seit langem mit US-Sanktionen belegt, die ihnen unter anderem internationale Finanztransaktionen massiv erschweren. Die afghanische Regierung war bislang relativ stark von internationalen Hilfsgeldern abhängig. Diese dürften nun von Geberländern gegenüber den Taliban als Druckmittel eingesetzt werden. Das haben unter anderem bereits die USA und Deutschland signalisiert.
  • 8/19/2021 1:01:05 AM   Ulrike Putz
    Laut US-Präsident Joe Biden war das Chaos der vergangenen Tage beim Abzug der amerikanischen Truppen aus Afghanistan unvermeidlich. In einem Interview mit ABC News sagte Biden, dass man den Rückzug des US-Militärs nicht besser hätte handhaben können. Er glaube, es wäre für die Soldaten nicht möglich gewesen, Afghanistan ohne Wirren zu verlassen.
  • 8/19/2021 1:02:14 AM   Ulrike Putz
    Mit der Rolle des Bundesnachrichtendienstes (BND) in der aktuellen Afghanistan-Krise werden sich nach Informationen der Zeitung Welt die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Bundestags befassen. Die Bundestagsabgeordneten, die für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes zuständig sind, sollen dem Bericht zufolge zur Klärung der Frage beitragen, ob Pannen des BND zum Chaos bei der Evakuierung des internationalen Flughafens in Kabul geführt haben.
  • 8/19/2021 1:04:31 AM   Ulrike Putz
    Der Internationale Währungsfonds (IWF) setzt den Zugang Afghanistans zu IWF-Ressourcen wegen der unklaren Regierungsverhältnisse in dem Land aus. „Derzeit herrscht innerhalb der internationalen Gemeinschaft Unklarheit über die Anerkennung einer Regierung in Afghanistan, was zur Folge hat, dass das Land keinen Zugang zu SZR oder anderen IWF-Ressourcen hat“, sagt ein Sprecher des IWF.
     
    Eingefroren seien auch etwa 440 Millionen Dollar an neuen Währungsreserven. Die Ankündigung des IWF erfolgt auf Druck des US-Finanzministeriums um sicherzustellen, dass der Anteil Afghanistans an einer für Montag geplanten Zuteilung von Sonderziehungsrechten (SZR) nicht in die Hände der Taliban fällt. Die USA halten eine Mehrheitsbeteiligung an dem Fonds.
  • 8/19/2021 1:19:07 AM   Ulrike Putz
    Die Bundeswehr hat ihre Bemühungen zur Evakuierung deutscher Staatsbürger und afghanischer Ortskräfte aus Kabul in der Nacht zum Donnerstag fortgesetzt. Am frühen Morgen deutscher Zeit hob eine Militärmaschine vom Typ A400M mit mehr als 200 Schutzbedürftigen an Bord vom Flughafen der afghanischen Hauptstadt ab, um sie von dort nach Taschkent in Usbekistan zu bringen, wie die Truppe über Twitter mitteilte.
     
    Damit hätten die Flugzeuge der Bundeswehr inzwischen über 900 Menschen ausgeflogen. Zuvor war laut Bundesverteidigungsministerium ein weiterer A400M direkt aus Deutschland über Baku nach Kabul geflogen. Zusätzlich „zu den an Bord befindlichen Paletten mit Versorgungsmaterial aus Deutschland“ seien dort noch 15 zu evakuierende Personen aufgenommen worden, bevor die Maschine nach Taschkent flog. Mehrere Militärtransporter der Bundeswehr pendeln zwischen Kabul und der usbekischen Hauptstadt Taschkent, von wo aus die Evakuierten ihren Weiterflug nach Deutschland antreten sollen.
     
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    Aus Kabul ausgeflogene Afghanen posieren vor der Bundeswehrmaschine, die sie ausgeflogen hat. (Foto: dpa)
  • 8/19/2021 1:20:17 AM   Ulrike Putz
    Die UNO hat einen Teil ihres Personals aus Afghanistan abgezogen. Rund 100 Mitarbeiter würden in die kasachische Stadt Almaty verlegt, erklärte UN-Sprecher Stéphane Dujarric am Mittwoch. „Dies ist eine vorübergehende Maßnahme, die es den Vereinten Nationen ermöglichen soll, der afghanischen Bevölkerung weiterhin mit einem Minimum an Unterbrechungen zu helfen und gleichzeitig das Risiko für das UN-Personal zu verringern.“
     
    Ob es sich bei den 100 Mitarbeitern um internationales oder afghanisches Personal handelt, war unklar. Im Hauptquartier der UN-Hilfsmission für Afghanistan (Unama) in Kabul arbeiten rund 300 ausländische Mitarbeiter und mehr als 700 Afghanen.
  • 8/19/2021 3:55:35 AM   Ulrike Putz
    Am Frankfurter Flughafen sind in der Nacht zum Donnerstag zwei weitere Maschinen mit insgesamt rund 500 Menschen gelandet, die aus Afghanistan in Sicherheit gebracht worden sind. Die Flugzeuge – eines von Lufthansa und eines von Uzbekistan Airways – waren wenige Stunden zuvor in der usbekischen Hauptstadt Taschkent gestartet. An Bord der Lufthansa-Maschine waren nach Airline-Angaben rund 250 Menschen, die zuvor mit einer Bundeswehr-Maschine von Kabul nach Taschkent geflogen worden waren. Im Flieger der staatlichen Fluggesellschaft Uzbekistan Airways saßen laut Auskunft des Flughafenbetreibers etwa 240 Menschen.
     
    Die Bundeswehr hatte in dieser Woche ihre Rettungsaktion für Deutsche und Afghanen begonnen, um sie nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Sicherheit zu bringen.
  • 8/19/2021 4:00:47 AM   Ulrike Putz
    Die Linke fordert eine Ausweitung der laufenden Rettungsaktionen von gefährdeten Menschen in Afghanistan über die Hauptstadt Kabul hinaus. „Die meisten Ortskräfte, Lehrerinnen oder auch mutige Lokalpolitikerinnen oder Journalistinnen leben nicht in Kabul, sondern verteilt über die Provinzen Afghanistans“, sagte Fraktionschef und Spitzenkandidat Dietmar Bartsch der Deutschen Presse-Agentur. „Die bereits existierenden Verabredungen mit den Taliban sollten schleunigst ausgeweitet werden.“
     
    Nach Angaben des Nationalen Sicherheitsberaters von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, hatten die militant-islamistischen Taliban zugesagt, Zivilisten unbehelligt zum Flughafen in Kabul zu lassen, damit sie das Land verlassen könnten. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes hatte am Mittwoch gesagt, man habe nur in Kabul die Möglichkeit, Menschen auszufliegen und auch dort nur, wenn sie es zum Flughafen schafften. Für Deutschland führt der Botschafter in Afghanistan, Markus Potzel, nach Angaben von Außenminister Heiko Maas (SPD) derzeit im Golf-Emirat Katar Gespräche mit Taliban-Vertretern.
     
    Es müsse geprüft werden, wie Evakuierungen auch über andere Flughäfen, mit Transporthubschraubern oder auch über Straßen aus Städten wie Masar-i-Scharif, Kundus oder Kandahar möglich würden, forderte Bartsch. „Die Nato-Staaten sind es ihren Ortskräften und Familien schuldig, alles in Bewegung zu setzen, um sie zu retten.“
     
    Bartschs Co-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl und Parteichefin Janine Wissler sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe mit Blick auf mögliche Flüchtlingsbewegungen, es sei zu befürchten, dass nur sehr wenige Menschen das Land überhaupt verlassen könnten.
     
    „Als reichster Staat in der Europäischen Union muss Deutschland natürlich einen großen Teil dieser Menschen aufnehmen, die jetzt aus Afghanistan kommen. Kapazitäten dafür sind vorhanden.“
  • 8/19/2021 4:45:36 AM   Ulrike Putz
    Das Internationale Olympische Komitee und der Fußball-Weltverband blicken einem Medienbericht zufolge mit Sorge auf die Entwicklungen in Afghanistan nach der Machtübernahme durch die Taliban. Das IOC beobachte nach Angaben eines Sprechers die Lage und stehe mit der Sportgemeinde in Afghanistan in Kontakt. „Gleichzeitig haben wir entsprechende Informationen an eine Reihe von verantwortlichen Regierungen weitergeleitet“, sagte der Sprecher dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Um die Sicherheit der betroffenen Personen nicht zu gefährden, sehe man jedoch von weiteren öffentlichen Äußerungen ab.
     
    Ähnlich beurteilte die FIFA die Lage. Es sei klar, dass sich die Situation vor Ort sehr schnell entwickle. „In dieser Hinsicht stehen wir in Kontakt mit verschiedenen Interessengruppen sowie dem afghanischen Fußballverband und werden die Situation vor Ort weiterhin beobachten und in den kommenden Wochen und Monaten nach Möglichkeit unsere Unterstützung anbieten“, sagte ein Sprecher.
     
    Die Situation im Land sei sehr besorgniserregend und werde von der FIFA genau beobachtet. Gleichwohl werde sich der Verband weiterhin für das weltweite Wachstum des Fußballs einsetzen, „darunter auch für die Entwicklung des Frauenfußballs in Afghanistan“.
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