„Dass die Ampel in Rheinland-Pfalz gut funktioniert und ihr die Wähler in dieser Landtagswahl das Vertrauen ausgesprochen haben, zeigt zunächst einmal, dass es Regierungsmehrheiten ohne die Konservativen gibt. CDU und CSU brauchen dringend eine Auszeit auf der Oppositionsbank.“
Nach dem ersten Stimmungstest im Wahljahr 2021 rückt in der Union auch die K-Frage wieder in den Vordergrund. Die Union wird nach Angaben von CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak wie geplant zwischen Ostern und Pfingsten über die Kanzlerkandidatur entscheiden. Entsprechend äußerte sich Ziemiak in einem Interview mit dem Sender ntv. Im ARD-„Morgenmagazin“ sagte er ebenfalls: „Über die Frage der Kanzlerkandidatur beraten wir nach der Osterpause.“
Den Ausgang der Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz führte Ziemiak vor allem auf die Beliebtheit der amtierenden Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) und Malu Dreyer (SPD) zurück. Zu den herben Verlusten für die CDU sagte er bei „Welt“: „Jetzt müsste spätestens jedem klar sein, wir müssen um jede Stimme kämpfen.“
Die im Südwesten erstarkten Grünen wollen bei der Wahl des künftigen Koalitionspartners dem Klimaschutz eine hohe Priorität geben. „Wir wollen diesen Regierungsauftrag umsetzen und möglichst viel Klimaschutz erreichen“, sagte Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner am Montag im „Morgenmagazin“ der ARD mit Blick auf Baden-Württemberg.
Dieses Thema werde eine wichtige Rolle spielen bei der Entscheidung, ob die dortigen Grünen weiter mit der CDU regieren oder eine Ampel mit FDP und SPD anstreben. „Ich weiß nicht: Wer ist eigentlich die größte Bremserin beim Klimaschutz - Union oder FDP?“, sagte Kellner. „Das werden die Gespräche zeigen.“ Für den Bundestagswahlkampf bedeute das „phantastisches Wahlergebnis“ viel Rückenwind. Am Freitag werde die Partei ihr Wahlprogramm vorlegen, und nach Ostern werde dann über das personelle Angebot entschieden.
„Sie gibt damit zu, dass ihr die Person im Bund fehlt, um in den Ländern aus der Opposition heraus nach oben zu kommen – oder auch nur ein Wahldebakel zu verhindern. Alle Augen sind deshalb jetzt auf Armin Laschet gerichtet. Für ihn beginnt der Ernst des Lebens.“
CSU-Chef Markus Söder sieht Fehler im Corona-Krisenmanagement als Mitursache für die Wahlpleiten der CDU. Beim Wettlauf mit der Zeit im Kampf gegen das Virus habe es in den vergangenen Wochen einige Fragen und einige Lücken gegeben, sagte Söder am Montag vor einer Videokonferenz des CSU-Vorstands in München. Als Beispiel nannte er Unzulänglichkeiten bei der Corona-Warn-App, bei der Auszahlung der Wirtschaftshilfen, beim Thema Tests und im Bereich der Impfungen. „Die Wahlen gestern waren ein schwerer Schlag in das Herz der Union“, sagte Söder.
CSU-Chef Söder forderte am Montag als Konsequenz aus den schlechten Ergebnissen bei den Landtagswahlen frische Köpfe in der Union. „Um das Kabinett herum müssen die beiden Unionsparteien noch einmal Teams für die Zukunft bilden“, sagte er. Eine „hektische Kabinettsumbildung“ werde nach seiner Einschätzung aber nichts bringen. Die Union müsse allerdings zeigen, dass sie für die Zeit nach der Bundestagswahl neue Kräfte zur Verfügung habe. Die jüngsten Stimmenverluste seien ein „Wakeup-Call“ für die Union.
„Wir werden nicht mit dem Schlafwagen im September die Bundestagswahl gewinnen können.“
Aussagen zur Kanzlerkandidatur der Union wollte der bayerische Ministerpräsident nicht machen. „Zu gegebener Zeit“ werde er sich mit CDU-Chef Armin Laschet darüber unterhalten. „Geschlossenheit ist ganz entscheidend.“ CDU und CSU seien zwei Parteien, die dann mit einer gemeinsamen Linie in der Bundestagswahl anträten.
Dem künftigen Landtag von Baden-Württemberg werden nach Auskunft des Statistischen Landesamtes 45 Frauen angehören, derzeit sind es 38. Der Frauenanteil steigt demnach auf 29,2 Prozent (2016: 24,5). Der Stuttgarter Landtag ist das einzige Landesparlament, in dem noch nie ein Frauenanteil von wenigstens 30 Prozent erreicht wurde. Der Spitzenreiter Hamburg kommt dagegen mit 43,9 Prozent Mandatsträgerinnen auf eine fast paritätische Zusammensetzung, wie die Landeszentrale für politische Bildung auf ihrer Homepage mitteilt.
Die Grünen gehen nach eigener Einschätzung auch nach den Erfolgen im Südwesten als „Underdog“ in die Bundestagswahl Ende September. „Wir sind die Herausforderer“, sagte Ko-Parteichef Robert Habeck am Montag in Berlin. Manchmal schlage Holstein Kiel aber auch Bayern München.
Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg waren die Grünen um Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit einem Rekordergebnis wieder stärkste Kraft geworden, in Rheinland-Pfalz haben sie deutlich zugelegt.
„Alles ist möglich in diesem Jahr“, sagte Habeck mit Blick auf den Bund. Es sei aber „absurd zu früh“, darüber zu diskutieren, ob eine Ampel-Koalition aus Grünen, SPD und FDP die beste Option für den Bund sei. Die Ampel sei nur eine von mehreren Möglichkeiten.
Die neue Linken-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow sieht nach dem schlechten Abschneiden der CDU bei den Landtagswahlen vom Sonntag gute Chancen für ein „progressives Bündnis“ mit Sozialdemokraten und Grünen im Bund. Es gebe jetzt endlich eine tatsächliche Option, die CDU aus der Bundesregierung abzuwählen, sagte Hennig-Wellsow am Montag dem Sender Phoenix. Zugleich warnte sie vor einer Ampel-Koalition unter Einbeziehung der FDP nach der Bundestagswahl.
„Eine Ampel mit der FDP kann immer nur auf gelb stehen. Das heißt, da wird überhaupt gar nichts passieren“, sagte die Linken-Vorsitzende. Zudem stünde die FDP in ihrem Heimatland Thüringen eher „rechts von der CDU“. Deren Kurs könne auch nicht im Sinne von SPD und Grünen sein. Als Alternative warb Hennig-Wellsow für ein Bündnis mit der Linkspartei – die allerdings sowohl in Baden-Württemberg als auch in Rheinland-Pfalz den angestrebten Einzug in den Landtag verfehlt hat.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sieht in den Ergebnissen der Landtagswahlen deutlichen Aufwind für die SPD auch im Bund. „Das Wahlergebnis, ganz besonders natürlich das in Rheinland-Pfalz, verleiht der Sozialdemokratischen Partei insgesamt Flügel“, sagte der Vizekanzler am Montag in Berlin. „Wir wollen den Aufwind nutzen, der damit verbunden ist.“ Es sei deutlich geworden, dass man in Deutschland ohne CDU und CSU regieren könne. „Diese Botschaft, die sitzt jetzt fest“, betonte Scholz und bekräftigte, er wolle im Herbst Kanzler werden.
Eine Ampel-Koalition sei dabei nur eine von mehreren Möglichkeiten, sagte Scholz – aber eine, die „jetzt sehr stark geworden“ sei. Dabei sagte der Vizekanzler nicht, ob die SPD auch Juniorpartner in einer grün-geführten Ampel-Koalition werden würde.
Auf die schlechten Umfragewerte der SPD im Bund angesprochen, betonte Scholz: Die SPD wisse, „dass wir eine lange Strecke laufen müssen, um erfolgreich im Kanzleramt und bei der Bildung einer Bundesregierung anzukommen“. Doch die Landtagswahlen zeigten, dass es Bewegung gebe und die SPD vorankomme.
Lieber Leserinnen, liebe Leser,
nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben die Bundesparteien mit der Aufarbeitung der Ergebnisse begonnen. In der Union herrschte am Montag Katerstimmung, bei den anderen Parteien wuchs die Hoffnung auf neue Machtoptionen nach der Bundestagswahl im Herbst. CDU-Chef Armin Laschet rief seine Partei nach dem Wahldebakel am Sonntag zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung vor der im September anstehenden Bundestagswahl auf. Die CDU hatte am Sonntag historisch schlechte Ergebnisse eingefahren.
Nach dem vorläufigen Ergebnis errangen die Grünen in Baden-Württemberg mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann ein bundesweites Rekordergebnis von 32,6 Prozent (2016: 30,3). Die bisher mitregierende CDU stürzte in ihrer einstigen Hochburg auf 24,1 Prozent (27,0). Die SPD landete bei 11 Prozent (12,7), die FDP bei 10,5 (8,3) und die AfD bei 9,7 Prozent (15,1).
In Rheinland-Pfalz gewann die SPD mit ihrer populären Regierungschefin Malu Dreyer an der Spitze nach dem vorläufigen Ergebnis 35,7 Prozent der Stimmen (2016: 36,2). Die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Christian Baldauf rutschte dagegen auf 27,7 Prozent (31,8). Es folgten die Grünen mit 9,3 Prozent (5,3), die AfD mit 8,3 (12,6) und die FDP mit 5,5 Prozent (6,2). Neu in den Landtag einziehen werden die Freien Wähler mit 5,4 Prozent (2,2).
In Baden-Württemberg könnte Kretschmann die schwarz-grüne Koalition weiterführen oder auch eine Ampel-Koalition bilden. In Rheinland-Pfalz strebt Dreyer die Fortsetzung der Ampel an.
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