Münchner Sicherheitskonferenz 2020

Münchner Sicherheitskonferenz 2020

  • 2/15/2020 9:37:32 AM   Andreas Ross
    Schon hat Pompeo ein weiteres Zitat, über das er sich aufregen kann: Der Westen ist geschwächt, stellt Macron eingangs fest. Pompeo hatte vor knapp einer Stunde das Gegenteil beteuert: Der Westen sei, dank amerikanischer Führung, auf dem Siegeszug.
  • 2/15/2020 9:42:00 AM   Andreas Ross
    Großes Lob von Macron für Steinmeiers Rede, der habe ihm aus dem Herzen gesprochen. Der nächste diametrale Gegensatz zu Pompeo, der über die düstere Beschreibung der transatlantischen Gemeinschaft durch den Bundespräsidenten (und durch andere Europäer) gespöttelt hatte.
  • 2/15/2020 9:46:13 AM   Andreas Ross
    Ischinger gibt Macron eine Vorlage, um auf Berlin zu schimpfen, weil der Franzose wenig konkrete Antworten auf seine Reformvorschläge für die EU erhalten habe. Doch der französische Präsident lobt lieber die gute Zusammenarbeit. So viel dann aber doch: "Ich bin nicht frustriert, ich bin ungeduldig."
  • 2/15/2020 9:46:25 AM   Lorenz Hemicker
    In zehn Jahren will Marcon ein Europa, dass souverän ist – auch im militärischen Bereich. Wie das gehen soll, führt er hier natürlich nicht aus. Aber so gut das klingt, umzusetzen ist das kaum. Fachleute gehen eher von 30 bis 40 Jahren aus, so sich die Europäer wirklich darum bemühen. Denn um die Lücken zu füllen, die die Amerikaner hinterlassen würden, müssten die Europäer für ein solches Szenario laut Analysen des IISS zwischen 288 und 357 Milliarden Dollar aufwenden. Mehr zum Verhältnis der Militärausgaben können Sie hier nachlesen:
  • 2/15/2020 9:49:48 AM   Andreas Ross
    Macron spricht über China, aber unter anderen Vorzeichen als seine amerikanischen Vorredner. Er weist darauf hin, wie viel Geld Peking in die Digitalisierung investiere. Daran müsse Europa sich ein Beispiel nehmen.
  • 2/15/2020 9:52:30 AM   Lorenz Hemicker
    "Es gibt eine Schwächung des Westens", sagt Emmanuel Macron in München (Quelle: Shutterstock)
  • 2/15/2020 9:58:04 AM   Lorenz Hemicker
    Ischinger fragt Macron, wie es die Franzosen denn nun mit ihren nuklearen Streitkräften, der „Force de frappe“, halten wollen. Vergangene Woche hatte der Präsident über Frankreichs nukleare Abschreckungsdoktrin gesprochen. Neu klang daran wenig. Nun sagt er recht allgemein, Europa müsse eigene Fähigkeiten aufbauen, die es erlaubten, sich selbst zu verteidigen und handlungsfähig zu sein. Ansonsten sei man nicht glaubwürdig.
  • 2/15/2020 9:59:53 AM   Andreas Ross
    Macron erklärt noch einmal, dass sein Vorstoß zur Stärkung eines "Europas der Verteidigung" nicht auf Kosten der Nato gehe. Frankreich wolle das Seine tun, um eine gemeinsame strategische Kultur aufzubauen. Das ist nicht zuletzt eine Herausforderung Deutschlands - und der Bundespräsident hat am Freitag bereits gefordert, auf Macron einzugehen,
  • 2/15/2020 10:00:48 AM   Lorenz Hemicker
    Damit überträgt Macron  letzten Endes den Wunsch der Amerikaner, dass die transatlantischen Partner eigenständiger für ihre Sicherheit sorgen, auf den nuklearen Bereich. Aber Ischinger hat schon recht. Da ist nicht viel Neues dran. Und warum die Franzosen ihre Atomstreitkräfte nicht in die Nato einbinden, erklärt Macron damit auch nicht.
  • 2/15/2020 10:02:48 AM   Lorenz Hemicker
    Die ein- oder andere Spitze gegen die Bundesregierung kann sich Macron hier nicht verkneifen. Auch, was die Haushaltspolitik angeht.
  • 2/15/2020 10:02:48 AM   Andreas Ross
    Es klingt bedauernd oder entschuldigend, wenn Konferenzleiter Ischinger nun Macrons Antwort mit den Worten kommentiert: In Deutschland gebe es keine Kultur, um über nukleare Abschreckung zu sprechen. Da habe Frankreich es leichter.
  • 2/15/2020 10:05:41 AM   Andreas Ross
    Jetzt geht es um Russland - da hat Macron ja kürzlich eine Kehrtwende hingelegt, die unsere Frankreich-Korrespondentin Michaela Wiegel im November beschrieb:
     
  • 2/15/2020 10:07:45 AM   Lorenz Hemicker
    Was den Zustand der Westens angeht, lässt sich die Debatte um den Zustand des Westens auf der Sicherheitskonferenz so zusammenfassen:
    Steinmeier: "Der Westen ist in einem schlechten Zustand"
    Pompeo: "Stimmt nicht"
    Macron: "Stimmt wohl"
    Esper: "China, China, China!"
  • 2/15/2020 10:08:36 AM   Andreas Ross
    Macron beschreibt erst die vielen Anlässe zu verstärktem Misstrauen gegenüber Russland, von der Ukraine bis zur Einmischung in den französischen Wahlkampf 2017. Dann stellt der Franzose fest, dass die europäischen Sanktionen ihre Ziele nicht erreicht hätten. Er sei nicht dafür, die Sanktionen aufzuheben. Aber es sei nötig, einen strategischen Dialog mit Moskau zu führen. Sonst komme man nicht weiter.
  • 2/15/2020 10:11:51 AM   Andreas Ross
    Sergej Lawrow, Russlands Außenminister und ein alter Hase der Münchner Sicherheitskonferenz, spricht übrigens erst am Nachmittag. Nachdem Pompeo und Esper fast ausschließlich über China gesprochen haben, könnte der Auftritt des chinesischen Vertreters Wang Yi aber spannender werden. Peking wird die Vorwürfe nicht unwidersprochen lassen wollen.
  • 2/15/2020 10:11:53 AM   Lorenz Hemicker
    „Ich bin nicht prorussisch, ich bin nicht antirussisch, ich bin Pro-Europäer.“ (Emmanuel Macron)
  • 2/15/2020 10:15:34 AM   Andreas Ross
    Der deutsche Außenminister Heiko Maas führt in München viele bilaterale Gespräche zur Vorbereitung des nächsten Außenministertreffens zu Libyen, das am Sonntag hier stattfinden soll. Nach der Begegnung mit seinem türkischen Kollegen Mehmet Cavusoglu sagte Maas: "Wir wollen Stück für Stück dafür sorgen, dass aus der momentanen Waffenruhe in Libyen ein Waffenstillstand wird." Auch die Waffenlieferungen von außen müssten wirksam unterbunden werden. "Dafür brauchen wir auch von der türkischen Seite Unterstützung", sagte Maas - so berichtet es unser außenpolitischer Korrespondent Johannes Leithäuser direkt von der Pressekonferenz..
  • 2/15/2020 10:22:57 AM   Lorenz Hemicker
    Was ist denn nun mit Großbritannien? Das fragt eine Teilnehmerin den Präsidenten. Macron erklärt, die Briten gehörten für ihn zu einem Europa der Verteidigung hinzu. Das Land, das Ende Januar die Europäische Union verlassen hat, sei ein sehr wichtiger Verbündeter in der Nato, als Atommacht und ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Die Partnerschaft bestehe auf Grundlage von Verträgen. Und sie werde auf Grundlage künftiger Vereinbarungen fortgeführt. Etwas anderes bleibt Macron auch gar nicht übrig. Europa ist schon mit Großbritannien nicht in der Lage, sich selbst zu verteidigen und seine Interessen außerhalb Europas zu verfolgen. Ohne die Briten könnte Macron seine Idee von stärkerer Autonomie direkt wieder vergessen.
  • 2/15/2020 10:25:17 AM   Lorenz Hemicker
    Carl Bildt, ehemaliger Ministerpräsident Schwedens und einer der Stammgäste in München, wird aus Macrons Kurs gegenüber Russland nicht ganz schlau.
  • 2/15/2020 10:33:47 AM   Lorenz Hemicker
    Frage aus dem Publikum: „Möchten Sie von Frau Merkel geführt werden, oder möchte Frau Merkel von Ihnen geführt werden?“ Macron antwortet: Weder noch. „Die DNA Europas ist es, nicht von irgendwem angeführt zu werden.“
  • 2/15/2020 10:36:28 AM   Lorenz Hemicker
    Noch eine Frage, die in dieselbe Richtung zielt: Welche Sprache sollen denn die 27 Staaten der EU nun sprechen, wo die Briten sich verabschiedet haben? Macron antwortet zunächst mit Umberto Eco. „Die Sprache Europas ist die Übersetzung.“ Und dann zeigt er sich pragmatisch: das Esperanto Europas sei Englisch. Ansonsten, möchte man sagen, wäre das mit dem Führen und geführt werden zwischen Franzosen und Deutschen schon wieder schwierig.
  • 2/15/2020 10:36:46 AM   Andreas Ross
    Hier in München enden die ersten intensiven zweieinhalb Stunden des Tages. Der amerikanische Außenminister Pompeo hatte sich über die allfälligen Diagnosen mokiert, dass der Westen auf dem absteigenden Ast sei, und er wies die Einschätzung führender europäischer Politiker zurück, dass sich die Amerikaner unter Trump vor lauter nationalem Egoismus von der Idee einer internationalen Staatengemeinschaft abgewandt hätten. Für Pompeo sind es vielmehr die Europäer, die das westliche Projekt gefährden, indem sie Staaten wie Russland, China oder Iran auf den Leim gingen.
     
    Danach trug der amerikanische Verteidigungsminister Esper eine Art Anklageschrift gegen China vor. Er wollte begründen, warum sich Amerika vorsichtshalber wieder auf einen großen Krieg gegen eine andere Großmacht vorbereite – und warum die Europäer keine chinesischen Bauteile für ihre 5G-Kommunikationsnetze einkaufen dürften, Drohungen inklusive.

    Frankreichs Präsident Macron vertrat eine andere Sicht auf die Welt. Doch er hielt sich nicht mit Vorwürfen an die Amerikaner auf. Er plädierte für eine verstärkte europäische Zusammenarbeit, damit der Kontinent seine Sicherheit in die eigenen Hände nehmen könne. Eine große europäisch-amerikanische Konfrontation hat der Morgen insofern nicht gebracht. 
  • 2/15/2020 10:54:13 AM   Andreas Ross
    Jetzt darf man auf Chinas Antwort gespannt sein: Außenminister Wang Yi ist als nächstes dran. Der Konferenz-Vorsitzende macht sich offenbar Sorgen um die Stimmung: China verdiene Ermunterung, ermahnt Wolfgang Ischinger das Publikum, denn schließlich kämpfe es mit enormem Engagement gegen ein riesiges Gesundheitsproblem, die Coronavirus-Epidemie. Da dürfe man das Land nicht nur mit Kritik überziehen.
  • 2/15/2020 10:57:23 AM   Andreas Ross
    Und Wang Yi beginnt selbst beim Thema Coronavirus. Man stehe in einem "Krieg ohne Rauch". Sofort macht der Minister klar, dass kein Geringerer als Präsident Xi Jinping die chinesischen Truppen in diesem "Krieg" befehlige, Und dann kommt der entscheidende Satz: Die Größe und die Geschwindigkeit der chinesischen Reaktion beweise "die Vorzüge des chinesischen Systems". Ist das so? Wäre die Gefahr in offenen Gesellschaften nicht früher erkannt worden?
  • 2/15/2020 11:03:08 AM   Andreas Ross
    Der chinesische Außenminister versucht, aus dem chinesischen Kampf gegen das Virus Zuversicht zu schöpfen. Er sagt: "Unser Land wird weitermarschieren in noch entschlosseneren Schritten, um die Armut auszurotten und die chinesische Zivilisation zu beleben."
  • 2/15/2020 11:05:20 AM   Andreas Ross
    Mit dem entschlossenen Kampf gegen das Virus leiste Peking der Welt einen großen Dienst, sagt Wang Yi. Umgekehrt habe China viel Unterstützung erhalten, fügt der Minister hinzu und zählt ausführlich Staatschefs und andere Persönlichkeiten in Asien und Europa auf, die China ihre Solidarität bekundet haben. Auch der FC Bayern kommt vor. "Die chinesische Nation ist eine dankbare Nation, wir werden uns an jede Unterstützung erinnern", verspricht der chinesische Außenminister. Das soll wohl auch heißen: Wir merken uns, wer anders reagiert.
     
  • 2/15/2020 11:05:22 AM   Lorenz Hemicker
    Während Yi redet, spricht sich im Konferenzsaal herum, dass Frankreich den ersten Todesfall durch das Coronavirus beklagt.
  • 2/15/2020 11:06:47 AM   Andreas Ross
    Jetzt kommt Wang Yi zum eigentlichen Konferenz-Thema, und greift das Wort von der "Westlessness" gern auf. China stört es natürlich nicht, wenn "der Westen" über seine eigene Erosion diskutiert. Schließlich gebe es nur eine Welt.
  • 2/15/2020 11:08:48 AM   Lorenz Hemicker
    Dort sitzen wir. Blick ins Pressezentrum der Sicherheitskonferenz (Foto: Hemicker)
  • 2/15/2020 11:09:18 AM   Andreas Ross
    Was fehlt zu einem wahren Multilateralismus? Für den chinesischen Außenminister lautet die Antwort: gleichmäßig verteilter Wohlstand. "China wird nicht das westliche Modell kopieren", erklärt er. Das passe nicht zur chinesischen Tradition. Peking strebe auch keine Hegemonie an, "auch wenn wir immer mächtiger werden". Der Westen müsse anerkennen, dass China sein System nicht kopieren werde.
  • 2/15/2020 11:13:30 AM   Andreas Ross
    "China wird die strategische Kooperation mit Russland weiter vorantreiben", sagt Wang Yi. Man wolle aber auch die Beziehungen zu Amerika verbessern und hoffe dafür, dass Washington dem chinesischen Modell mit mehr Respekt begegne. Das ist eine recht formelhafte Zurückweisung der Vorwürfe, die die amerikanischen Minister Pompeo und Esper am Morgen so vehement vorgebracht haben. 
  • 2/15/2020 11:15:19 AM   Andreas Ross
    Mit Europa will China vor allem bei Fragen der Ökologie und zur "Entwicklung der digitalen Volkswirtschaft" kooperieren. Man lese getrost: Man will Europa (auch) mit 5G-Technik von Huawei beliefern, was die Amerikaner so dringend verhindern wollen. 
  • 2/15/2020 11:16:57 AM   Lorenz Hemicker
    Man muss die Ambitionen Chinas, die auch Yi in seiner Rede nicht unerwähnt lässt, nicht teilen. Auch gegenüber den multilateralen Bekenntnissen des Außenministers lassen sich Fragezeichen setzen. Aber der Ton, mit dem der Politiker hier auftritt, ist nicht unangenehm: Unaufgeregt, souverän und ohne jegliche Kraftmeiereien.
  • 2/15/2020 11:17:25 AM   Andreas Ross
    Äußere Einmischung verbittet China sich. Der Außenminister zählt drei Konflikte auf, für die das gelten soll: Taiwan, Hongkong und Xinjiang - die Provinz, in der China in großem Stil muslimische Uiguren interniert hat.
  • 2/15/2020 11:20:21 AM   Andreas Ross
    Jetzt kommt die eigentliche Antwort auf die Schelte der Amerikaner: Außenminister Pompeo und Verteidigungsminister Esper hätten ihre altbekannte Schmierkampagne fortgesetzt, sagt Wang Yi auf eine Frage von Wolfgang Ischinger hin. Die Vorwürfe basierten auf Lügen. Aber man müsse diese Lügen bloß "umdrehen", also gegen Amerika wenden, und dann "werden vielleicht Tatsachen daraus". 
  • 2/15/2020 11:20:54 AM   Andreas Ross
    Alle Beschuldigungen gegen China sind Lügen. (Wang Yi)
  • 2/15/2020 11:30:43 AM   Lorenz Hemicker
    Nun will Ischinger wissen: Wie hält es China mit Europa? Wie würde sein Land reagieren, wenn die EU China beim Aufbau des 5G-Netzes ausschließt? Yi braucht lange, um auf den Punkt zu kommen, spricht von guten Verbindungen. Man habe doch viel mehr gemeinsam, als einen trenne: Den Glaube an Multilateralismus, den Widerstand gegen Protektionismus. Das sind Spitzen gegen die Amerikaner. Am Ende aber formuliert Yi dann doch noch eine Botschaft an die Europäer: "Wir hoffen, dass unsere Freunde aus Europa die Bedeutung unserer strategischen Partnerschaft anerkennen." Es solle ein "gerechtes Umfeld" nach den Regeln der Märkte geben. Jedes Land solle seine eigene Wahl treffen können.
  • 2/15/2020 11:44:41 AM   Lorenz Hemicker
    Der China-Block ist zu Ende.
  • 2/15/2020 11:49:39 AM   Lorenz Hemicker
    Unser Liveblog zu den wichtigsten Auftritten auf der 56. Münchner Sicherheitskonferenz endet an dieser Stelle. Auf FAZ.NET geht es in Kürze weiter mit einem Kommentar von Klaus-Dieter Frankenberger zum Schlagabtausch an diesem Morgen. Und falls Sie wissen wollen, wie es sich anfühlt, als amerikanischer Präsident mit einem Atomwaffenangriff konfrontiert zu werden - ich hatte das virtuelle Vergnügen. Auch dazu später mehr bei uns. Kommen Sie gut durch das Wochenende!
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