"We are the Champions" singen Queen gerade zum Auftakt. Aber wer werden die Champions?
Die heutige Oscar-Nacht wird so spannend wie lange nicht mehr, denn es gibt keinen klaren Favoriten im Ganzen, also nicht den Film, von dem alle erwarten, er werde neben der Wahl zum besten Film auch noch in zahlreichen anderen Kategorien gewinnen. Am meisten nominiert, nämlich jeweils zehn Mal, sind „The Favourite“ und „Roma“, also ein denkbar bunter, dabei aber ästhetisch origineller Kostüm-Historienfilm gegen ein schwarzweißes strenges Sozialdrama über die jüngere Zeitgeschichte. Doch Alfonso Cuaróns „Roma“ ist viel mehr als Yorgos Lanthimos’ „The Favourite“ ein Produkt Hollywoods, auch wenn er keine englischsprachigen Stars zu bieten hat und in Mexiko angesiedelt ist. Cuarón gehört aber zu Hollywoods festen Größen, er war schon Oscar-Sieger (2013 für „Gravity“), während der Grieche Lanthimos aus dem europäischen Autorenkino kommt.
„Roma“ könnte sowohl als bester Film überhaupt als auch bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet werden. Für letztere Rubrik hat das ein seltsames Paradox zur Folge: Wer sollte dort „Roma“ schlagen? Denn wenn es einen plausiblen Kandidaten dafür gäbe, hätte er ja auch in der Kategorie „Bester Film“ nominiert werden müssen. Die wahlberechtigten Akademiemitglieder dürften diesen logischen Zwang zur Wahl von „Roma“ bei den fremdsprachigen Filmen erkannt haben. Es spricht jedenfalls viel dafür, dass „Roma“ nicht bester Film überhaupt wird, weil ihm der Titel bei den fremdsprachigen Werken sicher scheint und deshalb die Wähler einem anderen Film in der Hauptkategorie den Vorzug geben könnten.
Das dürfte nach allen Oscar-Erfahrungen am ehesten „Vice“ sein, Adam McKays Zwitter zwischen Komödie und Drama um die Vizepräsidentschaft von Dick Cheney unter George W. Bush, insgesamt nominiert für acht Auszeichnungen. Es ist ein unkonventionelles Stück Hollywood-Kino, aber seit McKays „The Big Short“ auch nicht unerwartet, zudem gespickt mit etlichen Stars, also genau das, was die Academy liebt. Unter normalen Umständen wird sich heute Nacht ein Zweikampf zwischen „Vice“ und „Roma“ um die meisten Oscars entwickeln, wobei auch „The Favourite“ gute Chancen in mehreren Kategorien hat.
Alfons Cuarón könnte persönlich gleich fünf Oscars gewinnen, so viel wie nie jemand zuvor in einem einzigen Jahrgang, denn er ist für „Roma“ nominiert als Regisseur, Produzent (in den besagten zwei Kategorien), Kameramann und Drehbuchschreiber. McKay hat da nur Regie, Produktion du Drehbuch zu bieten, aber diese drei Oscars wären auch schon ein Rekordergebnis.
Und dann ist da „Black Panther“, sieben Mal nominiert, fast nur in Nebenkategorien, aber auch am Start im Rennen um den besten Film und dort womöglich lachender Vierter. Jedenfalls mit besseren Chancen auf den Hauptgewinn als der sogar acht Mal nominierte „A Star Is Born“ oder „BlacKkKlansman“ (in sechs Kategorien vertreten) und „Bohemian Rhapsody“ (in fünf). Da sind wir wieder bei Queen.